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Tadschikistan: Streit um "illegale" Moscheen

16. August 2007

In Duschanbe sind in den vergangenen Tagen eine Reihe kleiner Moscheen niedergerissen worden. Für sie habe keine Genehmigung vorgelegen, so die Behörden. Unter der Bevölkerung wird Kritik laut.

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Zerstörte Moschee in Duschanbe (11.08.2007)Bild: DW/Nigora Bukharizoda

Die Gläubigen aus Duschanbe und Vertreter des politischen Islam sind über den Beschluss der Behörden der tadschikischen Hauptstadt empört, nicht registrierte Moscheen abzureißen. Dabei handelte es sich um Räumlichkeiten, die mit Spenden der Bevölkerung errichtet und auch als Gebetsstellen genutzt wurden. Majram wohnt in Duschanbe, in der Muhammadijew-Straße, in der Nähe einer solchen nun zerstörten Einrichtung. Sie berichtete, in den Versammlungsräumen hätten die Menschen auch Totengebete abgehalten: "Niemandem hatte dies geschadet, deshalb ist unverständlich, wen dies gestört hat! Moslems, aber auch Vertreter anderer Religionen brauchen doch Räumlichkeiten, wo sie ihre Rituale vollziehen dürfen." Der Versammlungsraum in der Muhammadijew-Straße wurde vor 16 Jahre gebaut. Bisher hatten die Behörden nichts auszusetzen. Wenn ein Bewohner aus den umliegenden Hochhäusern verstarb, wurde dort das Totengebet für ihn abgehalten. Jetzt müssten die Menschen dies direkt in den Wohnungen oder Treppenhäusern machen, sagte die Bewohnerin Mastura Mamadnasarowa: "Heute ist im Nachbarhaus ein alter Mann gestorben. Das Totengebet wurde direkt auf dem Platz vor dem Haus gelesen. Es gibt nun keine Moschee mehr!"

Behörden bestehen auf Genehmigung

Die Stadtverwaltung von Duschanbe hält die Aufregung um den Abriss der illegalen Moscheen für unbegründet. Nach Angaben des Leiters der Abteilung für Religionsfragen im Rathaus der Hauptstadt, Schamsiddin Nuriddinow, hat sich die Anzahl der offiziellen Moscheen in Duschanbe allein im vergangenen Jahr verdoppelt. Für die 13 abgerissenen Gebäude habe keine Genehmigung als Moschee vorgelegen, zudem hätten sie weder den baulichen noch hygienischen Vorschriften entsprochen: "In Duschanbe gibt es mehr als 350 Gebäude, die als Moscheen und öffentliche Versammlungsräume gelten. Viele von ihnen wurden von den lokalen Behördenvertretern auf Umwegen registriert. Jetzt hat der Bürgermeister entschieden, diese Einrichtungen so zu einzusetzen, dass jene, die Moscheen sind, auch als Moscheen genutzt werden, und die, die als öffentlicher Versammlungsraum registriert sind, nicht als Gebetsraum fungieren. 13 Gebäude wurden von Einzelpersonen eigenmächtig gebaut, gerade diese wurden niedergerissen." Nuriddinow betonte, dass im letzten Jahr 28 Moscheen zugelassen wurden und es derzeit in Duschanbe 57 legale Moscheen gebe. Deshalb könne keine Rede davon sein, dass die Zahl der Moscheen rückläufig sei, das Gegenteil sei der Fall.

Islamische Partei kritisiert Behörden

Die Führung der Partei der islamischen Wiedergeburt Tadschikistans hat die drastischen Maßnahmen der Behörden verurteilt. In einem Brief an den Präsidenten des Landes bittet sie, den Abriss der Gebäude, die als Moscheen genutzt würden, zu stoppen. Dem Führer der Partei, Muhiddin Kabiri, zufolge darf niemand einem Moslem verbieten, dort zu beten, wo er das möchte. Das verletze das Recht der Bürger auf Glaubensfreiheit. Kabiri meint, die Behörden müssten die Legalisierung jener als Moscheen genutzten Versammlungsräume begünstigen und nicht das Leben der Gemeinden vor Ort zerstören.

Die Menschen betrachteten die Räumlichkeiten längst als "echte" Moscheen, so Kabiri: "Die Menschen haben jahrelang diese öffentlichen Versammlungsräume aufgesucht. Und plötzlich sollen sie illegal sein! Ich denke, dass die Zerstörung und die Schließung kein Ausweg sind. Zum Beispiel erfüllen mehr als 40 Prozent der allgemeinbildenden Schulen in Tadschikistan die einfachsten hygienischen Bedingungen nicht. Deswegen wird keine Schule geschlossen. Im Gegenteil, man muss sich bemühen, die Bedingungen zu verbessern. Deshalb wäre es richtiger, diese Gebäude zu legalisieren." Kabiri sagte der Deutschen Welle, das Vorgehen der lokalen Behörden destabilisiere die Gesellschaft und störe die Harmonie in den Beziehungen zwischen Staat und Religion insgesamt.

Nigora Buchari-sade, Duschanbe
DW-RADIO/Zentralasien, 12.8.2007, Fokus Ost-Südost