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Tadschikistan: Tausende Pfade für Schmuggler

9. Mai 2006

Das größtes Problem des Landes ist die Grenze zu Afghanistan. In den neunziger Jahren drangen von dort islamistische Kämpfer ins Land, heute ist es vor allem Heroin.

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Die russischen Grenztruppen sind mittlerweile abgezogen wordenBild: AP

In Zentralasien ist es nicht üblich, dass man Wahlen knapp gewinnt. Achtzig, neunzig Prozent der Stimmen für die Regierung sind normalerweise schon drin. Da war die tadschikische Führung bei den Parlamentswahlen letztes Jahr fast schon bescheiden. 78 Prozent der Stimmen sicherte sich die Partei von Präsident Rachmonow.

Angst vor einem neuen Bürgerkrieg

Dass man es dabei nicht so genau genommen hat mit den Regeln, sorgte für Unmut in der Bevölkerung. Zu größeren Protesten kam es aber nicht. Rachmonovs Regierung gilt zwar als korrupt, aber größer als die Unzufriedenheit ist immer noch die Angst vor einem neuen Bürgerkrieg. Fünf Jahre, von 1992 bis 1997, herrschte Krieg in Tadschikistan. Die Regierung, die aus den Kommunisten hervorgegangen war, kämpfte gegen eine Koalition aus Islamisten, Nationalisten und Demokraten. Am Ende konnte Präsident Rachmonow einen Waffenstillstand durchsetzen. Er band die Opposition, darunter auch die Islamisten, in die Regierung ein und seine Gegner konnten sich zum Teil als mächtige Regionalfürsten etablieren. Zuletzt hat der Präsident deren Macht etwas zurückgedrängt, aber das Gleichgewicht bleibt zerbrechlich. Und auch wenn die islamische Partei als gemäßigt gilt, treten extremistische Gruppen immer wieder mit Gewaltaktionen in Erscheinung. Erst kürzlich überfiel eine bewaffnete Gruppe mehrere Posten im Grenzgebiet zu Kirgisistan und erbeutete 20 Schnellfeuerwaffen.

Karte Zentralasien Tadschikistan Hauptstadt Duschanbe Quelle: DW-WORLD

Damals wie heute hat Tadschikistan vor allem ein Problem: eine 1300 Kilometer lange Grenze zu Afghanistan. Weite Strecken davon führen durch zerklüftetes und unwegsames Bergland. Während des Krieges operierten islamistische Kämpfer von Afghanistan aus, heute sind es vor allem Schmugglerbanden, die eine wertvolle Fracht auf den Weg nach Russland und Europa schicken: Heroin.

Keine Kontrolle über die Grenze

Bis letztes Jahr sorgten russische Truppen für Sicherung der Grenze, im September 2005 übergab Russland die Kontrolle wieder vollständig an die tadschikischen Truppen. Doch die sind schlecht vorbereitet auf die Aufgabe. Der Leiter der Grenztruppen Saidamir Suchurow, erklärt, man habe in den letzten Jahren 90 Prozent der Grenztruppen ausgetauscht. "Und jetzt kann ich mit Stolz verkünden, dass viele der Grenzwächter an Militärakademien in Russland der Ukraine und Kasachstan ausgebildet wurden."

Russische Soldaten schichten Heroin-Päckchen aus Afghanistan Drogen Drogenhandel Opium Heroin
Russische Soldaten beschlagnahmen über eine Tonne Heroin (2004).Bild: dpa

Der Vorsitzende des Komitees zur Sicherung der Staatsgrenzen Nuralischo Nasarow hatte vergangenes Jahr unumwunden zugegeben, dass der tadschikische Staat über 32.00 Hektar Grenzgebiet im Osten des Landes keine Kontrolle habe. An der Grenze sei das Bergland zu schroff, um Grenzposten aufzubauen. Und im Hinterland gebe es Tausende Pfade für die Schmuggler. "Sie haben modernste Technik und kooperieren mit der lokalen Bevölkerung, die die Drogen dann oft versteckt."

Ein Oppositioneller fällt aus dem Fenster

Tee trinken in Dushanbe in Tadschikistan
Tee trinken in Duschanbe. Die afghanische Grenze ist 150 Kilometer entferntBild: AP

Neben Russland unterstützen auch Europa und die USA das Land beim Aufbau seiner Grenztruppen. Dennoch hat Tadschikistan in diesem Jahr fast ein Viertel weniger Heroin beschlagnahmen können als in den Vorjahren. Ob es Tadschikistan gelingt, seine Grenze zu sichern, könnte in Zukunft über die Stabilität des Landes entscheiden. Auch wenn die Regierung vorerst fest im Sattel sitzt. Ende des Jahres sind Präsidentschaftswahlen. Da überlässt der Präsident nichts dem Zufall.

Er beschimpfte seine Minister als "mafiös" und entließ einige Regierungsmitglieder. Gleichzeitig berichtet die Opposition von erhöhtem Druck. Anfang Mai fiel dann ein bekannter Politiker der islamischen Partei unter mysteriösen Umständen aus dem Fenster einer Polizeistation. Dabei zweifelt ohnehin niemand daran, dass es für den Präsidenten so glatt laufen wird, wie bei den letzten Wahlen. Vor sieben Jahren sicherte sich der Präsident ein Ergebnis, mit dem er sich bei seinen zentralasiatischen Amtskollegen durchaus sehen lassen kann: 96 Prozent.