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Talabani und sein Weg an die Macht

Peter Philipp6. April 2005

Der 72-jährige Kurde Dschalal Talabani ist neuer Präsident des Irak. Er ist nicht nur der dienstälteste, sondern heute auch mit Abstand der prominenteste Führer der irakischen Kurden. Ein Porträt.

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Dschalal TalabaniBild: AP

Der Jurist Talabani hat es verstanden, sich selbst und seine 1975 in Westberlin gegründete Patriotische Union Kurdistans (PUK) durch wechselnde Allianzen und geschicktes Machtpoker zu einem immer wichtigeren politischen Faktor im irakischen Kurdistan zu machen, wo lange Zeit neben dem legendären Chef der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) Mustafa Barzani niemand Bestand hatte. Als Student gehörte Talabani zum Studentenverband der KDP, Anfang der 1960er Jahre beteiligte er sich am Kurdenaufstand gegen Staatschef Kassem, führte dann aber mit dessen Nachfolger Aref Verhandlungen. Hierbei wurde der Kern gelegt für das Misstrauen in der KDP und ihre spätere Spaltung. Talabani schlug sich schließlich auf die Seite der Zentralregierung und beteiligte sich sogar auf deren Seite an der Zerschlagung der KDP im Jahre 1970.

Harte Kämpfe

Fünf Jahre später war ihm offenbar klar geworden, dass Bagdad nicht bereit war, den Kurden das zu geben, was diese forderten – nämlich zumindest weitgehende Autonomie – und so nahm Talabani mit der neu gegründeten PUK den Kampf gegen Bagdad wieder auf. Die Antwort war hart und unerbittlich und führte unter anderem zum Giftgasangriff auf den kurdischen Ort Halabdscha, bei dem 1988 fast die gesamte Bevölkerung getötet wurde. Talabani floh damals in den Iran, der historisch betrachtet die Kurden zwar auch immer bekämpft hatte, nun aber in ihnen einen willkommenen Verbündeten gegen Saddam Hussein sahen.

Unter den Anhängern Talabanis und die des Barzani-Sohns Massoud (der die Führung der wiedererstandenen KDP übernommen hatte) herrschte in den Folgejahren harte Machtkonkurrenz und es kam zu ebenso bitteren wie blutigen Auseinandersetzungen.

Kompromisse mit den USA

Erst 1998 gelang es Washington, die verfeindeten Kurdengruppen an den Verhandlungstisch zu bringen und sie zu einem Burgfrieden zu bewegen. Die Bereitschaft der Kurden hierzu wurde genährt von der Hoffnung, dass mehr Einheit und eine vereinte Unterstützung der USA im Irak von diesen mit mehr kurdischer Unabhängigkeit belohnt würde. Washington machte aber noch vor dem Irakkrieg deutlich, dass es nicht mehr zu unterstützen bereit sei als die relativ große Autonomie, die sich die Kurden seit dem Kuwaitkrieg unter dem Schutz einer amerikanischen "Flugverbotszone" im Nordirak geschaffen hatten.

Talabani akzeptiert dies offenbar auch heute, mit ihm sein ehemaliger Widersacher Barzani. Das ist sicher die Hauptvoraussetzung dafür, dass Talabani in das Amt des Präsidenten gewählt werden konnte. Barzani wurde damit abgefunden, dass er "Präsident" des kurdischen Norden wird.