1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Talent-Haie aufgepasst!

Leona Frommelt16. Januar 2003

Nicht zum Beten, auch nicht zum Ski fahren, sondern zum gemeinsamen Kinobesuch treffen sich einmal im Jahr Filmfreaks aus aller Welt im Mormonenstaat Utah. Das Sundance Festival ist das Mekka der Independent-Filmemacher.

https://p.dw.com/p/3Anv
Park City - das Winter-Wonderland der CineastenBild: AP

Jeder Nachwuchsregisseur träumt davon, sein Erstlingswerk auf dem Sundance Filmfestival im noblen Wintersportort Park City zu zeigen. Wer es bis hierhin schafft, hat gute Chancen, in Hollywood berühmt zu werden. Sundance gilt sogar als Sprungbrett in den Oscar-Himmel. Das war nicht immer so. Seit seiner Gründung vor 19 Jahren durch Robert Redford hat sich das Festival stark verändert. Es ist populärer und auch glamouröser geworden. Redfords Intention war es einst, kleine Low-Budget-Produktionen zu unterstützen, für die sich die breite Masse nicht interessiert. Mittlerweile kommen etwa 20.000 Besucher und auch zahlreiche Stars aus der Sonne Kaliforniens ins verschneite Utah gereist. In diesem Jahr werden unter anderem Al Pacino, Oliver Stone und Mel Gibson erwartet.

Schauspieler Robert Redford während des Sundance Filmfestivals
Robert RedfordBild: AP

Viele Stars kommen aber nicht nur zum Zuschauen, sie spielen auch in der einen oder anderen unabhängigen Produktion mit. So zum Beispiel Billy Bob Thornton, der an der Seite von Morgan Freeman und Holly Hunter in "Levity" von Ed Solomon auftritt. Ebenso spielen Mel Gibson, Robert Downey Jr. und Robin Wright Penn zusammen in "The Singing Detective". Der Grund für die Promi-Schwämme: Viele Jungregisseure hoffen, mit der Besetzung bekannter Gesichter die Finanzierung ihres Streifens zu sichern.

Abhängig oder unabhängig?

Sundance Film Festival Logo

Eingefleischte Filmfans beklagen sich darüber, Sundance sei zu einem kommerzialisierten Selbstbedienungsladen für die Talent-Haie Hollywoods verkommen. Ihre Kritik: Das Auftreten der etablierten Stars gefährde den Geist des unabhängigen Films. Allen Unkenrufen zum Trotz bietet die Festivalleitung Jahr für Jahr eine breite Palette an eigenwilligen Produktionen. Aus 3000 Bewerbungen hat das Sundance Institute unter der Leitung von Geoffrey Gillmore 125 Spiel- und Dokumentarfilme und 60 Kurzfilme ausgewählt.

Selbst unter den Regisseuren und Produzenten finden sich prominente Namen. Selma Hayek und Matt Dillon reisen mit ihren Debütfilmen an, Oliver Stone wird seinen Dokumentarstreifen über Fidel Castro präsentieren, und Kevin Spacey hat als ausführender Produzent den Film "The United States of Leland" mit im Gepäck. Sie hoffen ebenso wie die "No-Name-Filmemacher" auf den großen Preis der Jury. Die begehrte Auszeichnung erhielten in der Vergangenheit unter anderem "Sex, Lies and Videotapes" von Steven Soderbergh, "Reservoir Dogs" von Quentin Tarantino oder auch "In the Bedroom" von Todd Fields. Alles damals völlig unbekannte Filmemacher, die seither einen Leinwanderfolg nach dem anderen feiern.

Aus Deutschland ist der Dokumentarfilm "Frescoes" des Regisseurs Alexander Gutmann dieses Jahr im Rennen. "Frescoes", eine deutsch-russische Co-Produktion, ist ein Porträt des heutigen Armeniens. Ein ruhiger, fast schon poetischer Film. Gutmann erzählt keine durchgängige Geschichte, er fügt Bilder aneinander. Er begleitet einen armenischen Fotografen, beobachtet einen Steinmetz, der Grabsteine meißelt und feiert mit einem Totengräber dessen Geburtstag.

Spielwiese für Nachwuchsfilmer

Immer öfter nutzen Nachwuchstalente das Web als Spielwiese, um vor einem – zumindest theoretisch möglichen – Millionenpublikum ihre Erstlingswerke zu präsentieren. Deshalb bietet das Sundance Festival 2003 wiederholt auch einen Online-Wettbewerb mit Kurzfilmen an. Die meisten innovativen Werke, die dort zu sehen sind, wurden speziell für das Internet produziert. Ihre Macher können sich damit gleichzeitig online um Hollywood-Unterstützung für größere Spielfilmprojekte bewerben.

Ein weiterer Präsentationsort für tatsächliche Low-Budget-Produktionen ist das parallel in Park City laufende Slamdance Festival. Es wurde 1995 von einer Gruppe finanzschwacher Filmemacher gegründet. Die meisten der dort gezeigten Filme sind im preiswerten Digitalformat gedreht. Doch auch hier wird aus den vielen tausend Bewerbungen gesiebt: Nicht jeder, der sich eine Digi-Cam kauft und schnell mal drauf los filmt, kann davon ausgehen, dass sein Film auch gezeigt wird. Manch ein verkannter Steven Spielberg mag deshalb bestimmt beleidigt sein.

Beide Festivals enden am 26. Januar 2003.