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Politik

Tansania: Regierung droht Kirchen

Aarni Kuoppamäki
3. Januar 2018

Ein Prediger hat Tansanias Regierung vorgeworfen, das Land in einen Einparteienstaat zu verwandeln. Die droht nun mit Konsequenzen: Kirchen, die sich in die Politik einmischen, soll die Lizenz entzogen werden.

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Die Azania-Kirche in der Hauptstadt Daressalam
Der Druck auf Kirchen in Tansania wächstBild: picture alliance/Bildagentur-online/Rossi

Es war eine Weihnachtspredigt in Tansanias größter Stadt Daressalam, die den Streit entfachte. Zachary Kakobe, selbst ernannter Bischof und Gründer einer Freikirche sagte, die Regierung verwandle das Land heimlich in eine Einparteienherrschaft, indem sie systematisch politische Aktivitäten verbiete und den demokratischen Spielraum einschränke.

Die Antwort der Regierung ließ nicht lange auf sich warten. Religiösen Organisationen, die "Religion und Politik vermischen", könne die Registrierung entzogen werden, hieß es. Religionsfreiheit ist zwar in der Verfassung Tansanias festgeschrieben, doch Kirchen und andere Religionsgemeinschaften dürfen nur mit einer Erlaubnis des  Innenministeriums aktiv werden.

"Mir fällt es schwer, zwischen Politik und Kritik an der Regierung zu unterscheiden", sagt der Staatssekretär des Innenministeriums, Projest Rwegasira, im DW-Interview. "Wenn man von der Kanzel  aus die Regierungsstrategie bespricht, vermischt man Politik mit Religion, und das liegt außerhalb des Verantwortungsbereiches der Kirchen. Ihre Pflicht ist es, zu predigen und die Bibel zu lehren - nicht, sich in die Politik einzumischen. Wenn sie ihren Bereich verlassen, verletzen sie die Bedingungen ihrer Registrierung."

Zakaria Kakobe spricht in ein Mikrofon
Mit einer kritischen Predigt löste der selbsternannte Bischof Zakaria Kakobe die aktuelle Debatte ausBild: DW/Said Khamis

Der "Bulldozer" duldet keine Kritik

Doch Kritiker dürften dem selbsternannten Bischof Recht geben. Präsident John Magufuli, auch "Bulldozer" genannt, wird für seinen Kampf gegen die Korruption und die Verschwendung öffentlicher Gelder gelobt. Doch Oppositionspolitiker klagen, dass sich das politische Klima seit seinem Wahlsieg 2015 verschärft hat. Im Juni 2017 verbot die Polizei beispielsweise bis auf weiteres alle politischen Proteste und Kundgebungen. Sie sind nun nur noch während eines Wahlkampfes erlaubt.

"Wann immer der Präsident sich angegriffen fühlt hat, reagiert er recht barsch", sagt Tansania-Expertin Rebekka Rumpel von der Londoner Denkfabrik Chatham House. So sei ein Rapper, der in seinen Texten schlecht über Magufuli gesprochen habe, eingesperrt worden. Negative Kommentare in sozialen Medien würden strafrechtlich verfolgt. Und mehrere Medienhäuser seien von der Regierung geschlossen worden, sagte Rumpel im DW-Interview.

Hintergrund der harten Linie sei die Angst der Regierungspartei CCM vor einem  Machtverlust.  Sie hat die Politik des Landes seit ihrer Gründung 1977 dominiert, doch ihre Unterstützung schwindet. Die Präsidentschaftswahlen 2005 gewann die CCM noch mit 80 Prozent der Stimmen. 2010 waren es dann nur noch 63 Prozent. John Magufuli kam 2015 mit 58 Prozent der Stimmen an die Macht. "Es gibt diesen klaren Trend, dass die Partei an Unterstützung verliert, und ihre Reaktion ist der Versuch, die Oppositionspartei Chadema einzuschüchtern", sagt Rumpel. "Dazu gehören auch Angriffe auf die Zivilgesellschaft, die die Verengung des politischen Spielraums kritisiert." Die Drohungen gegen religiöse Organisationen seien also kein Einzelfall.

Präsident John Magufuli bei einer Rede
Tansanias Präsident John Magufuli duldet wenig Kritik an seiner AmtsführungBild: Getty Images/AFP/S. Maina

"Keine leere Drohung"

Kirchenvertreter wollen die Kritik der Regierung nicht auf sich sitzen lassen. "Wenn die Kirchen Krankenhäuser und Schulen bauen, Trinkwasser zur Verfügung stellen und sich um die Kranken kümmern, gibt es keine Widerworte", sagt Bischof Benson Bagonza von der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Tansania im Gespräch mit der DW. "Aber wenn sie fragen, warum es in den Krankenhäusern keine Medikamente gibt, wird ihnen vorgeworfen, sich in die Politik einzumischen." Politik und Religion seien nicht einfach zu trennen - was die naiven Politiker in Tansania nicht verstünden.

Ob die Regierung ihre Drohung, religiösen Organisationen die Registrierung zu entziehen, wahr macht, ist offen. Bisher habe man nicht gehandelt, sondern nur eine Warnung gegeben, sagt Projest Rwegasira vom Innenministerium. Diese Warnung sollte jedoch ernst genommen werden, meint Rebekka Rumpel. "In vielen anderen Fällen hat die Regierung das durchgezogen, also denke ich nicht, dass es sich um eine leere Drohung handelt."