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Tauziehen um die politische Macht in Tokio

15. Juli 2009

Nach der Niederlage für die Regierungspartei LDP bei der Kommunalwahl hat Ministerpräsident Aso dem Druck nachgegeben und Neuwahlen ausgerufen. Meinungsumfragen deuten aber auf einen Sieg der Oppositionspartei DPJ hin.

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Japanischer Premierminister Taro Aso (Foto: AP)
Düstere Aussichten für Ministerpräsident Taro AsoBild: AP

Ein Misstrauensvotum der Opposition hat der angeschlagene japanische Ministerpräsident Taro Aso erst einmal überstanden. Das Unterhaus des Parlaments, wo die Koalitionsparteien die Mehrheit der Sitze haben, stimmte am Dienstag gegen das Votum. Jetzt hat der auch innerparteilich geschwächte LDP-Politiker zumindest Zeit gewonnen, um den Rückstand auf die Demokratische Partei Japans etwas wett zu machen. Die DPJ hatte der Liberaldemokratischer Partei am Wochenende bei Kommunalwahlen in Tokio eine herbe Niederlage bereitet. Die DPJ macht sich nun Hoffnung, die seit mehr als 50 Jahren fast ununterbrochen regierende LDP auch auf nationaler Ebene von der Macht drängen zu können. Vor zwei Jahren hatte die Opposition bereits die Mehrheit im Oberhaus übernommen.

Befreiungsschlag oder "politischer Selbstmord"?

Frau bei der Stimmenabgabe in Tokio (Foto: AP)
Denkzettel an der Wahlurne - das Vertrauen in die LDP ist erschüttertBild: AP

Mit einem Befreiungsschlag wollte Taro Aso seine LDP aus der Krise führen: er löste das Parlament auf und setzte vorgezogene Neuwahlen an. Aus Angst vor einem weiteren Debakel musste Aso aber den ursprünglich für Anfang August anvisierten Termin für die Unterhauswahl auf den 30. August verschieben. Seine Partei befürchtete, dass eine Wahl so kurz nach der Schlappe in Tokio politischer Selbstmord wäre.

Viele Handlungsmöglichkeiten bleiben dem japanischen Ministerpräsidenten und Parteichef Taro Aso ohnehin nicht, meint der Japan-Experte der Deutschen Welle Alexander Freund: "Er geht nun nach dem Motto ‚Angriff ist die beste Verteidigung’ vor. Mit dem überraschend frühen Wahltermin wollte er nicht nur der Opposition, sondern auch parteiinternen Gegnern den Wind aus den Segeln nehmen. Aber die Widerstände in seiner eigenen Partei waren offenbar zu groß. Die LDP braucht einfach mehr Zeit, um zumindest ihre Stammwähler zu mobilisieren."

Aso hatte das Amt des Ministerpräsidenten erst im vergangenen September mit dem Ziel übernommen, die konservative LDP noch rechtzeitig vor der für Oktober geplanten Parlamentswahl wieder auf Kurs zu bringen. Durch sein schlechtes Krisenmanagement in Zeiten der Wirtschaftkrise stürzten seine Zustimmungswerte aber dramatisch ab. "Er war als Parteichef von Anfang an eine Notlösung. Durch seine zögerliche und unbeholfene Art hat er nun jegliches Vertrauen in der Bevölkerung verspielt", sagt Alexander Freund. "Taro Aso steht für die Konzeptlosigkeit der LDP - viele Bürger trauen der Partei einfach nicht mehr zu, mit der Wirtschaftskrise, der Überschuldung und der Überalterung der Gesellschaft fertig zu werden."

Der Wahlausgang ist offen

Altepflegerin versorgt alte Menschen (Foto: AP)
Drängende Probleme: Wirtschaftskrise, mangelndes Sozialsystem, Überalterung der GesellschaftBild: picture-alliance/ dpa

Viele Japaner sehen in der Demokratischen Partei Japans (DPJ) eine Alternative – das legen zumindest die Umfragewerte nahe. Die Oppositionspartei wirbt damit, den Machteinfluss der Beamten in Japan zurückzudrängen und ein neues soziales Netz aufzubauen. In einem Land, in dem die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird, in dem fast jeder dritte Bürger nur eine befristete Anstellung hat und die Angst vor Arbeitslosigkeit allgegenwärtig ist, trifft dieses Programm offenbar den Nerv der Bevölkerung. Trotzdem hält Japan-Experte Alexander Freund die nächste Parlamentswahl noch lange nicht für entschieden: "Die LDP hat es bisher immer wieder geschafft, ihr Klientel zu mobilisieren, etwa die Landbevölkerung oder die Beamten. Sollte es aber tatsächlich einen Machtwechsel geben, dann wäre das eine Chance für Japan, endlich die Versäumnisse der letzten Jahre aufzuarbeiten."

(rem/reuters/dpa/afp/ap)