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Tauziehen um Gold noch nicht ausgestanden

Nach neuneinhalb turbulenten Tagen endete das olympische Goldmedaillen-Drama um die deutschen Vielseitigkeitsreiter in Entsetzen und Enttäuschung: Die Medaillen sind weg, juristische Schritte wenig erfolgversprechend.

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Bettina Hoy: Steht der Gang vors Gericht bevor?Bild: AP


"Wir vergeben keine Medaillen aus emotionalen oder humanitären Gründen", erklärte IOC-Präsident Jacques Rogge unmissverständlich. "Wir halten uns strikt an die Ergebnislisten der internationalen Verbände." Das Ersuchen des deutschen Nationalen Olympischen Komitees (NOK), Hoy und das Team mit zusätzlichen Goldmedaillen zu bedenken, habe das IOC daher abgelehnt.

NOK-Präsident Klaus Steinbach findet das "außerordentlich bedauerlich. Es tut uns vor allem für die betroffenen Sportler leid. Das NOK hat alles versucht, doch letzlich gibt es jetzt keine Möglichkeit mehr, als die Entscheidung hinzunehmen." Traurig reagierte auch Bettina Hoy. "Das führt die olympische Idee ad absurdum." Vergeblich hatte sie außerdem gehofft, bei der Abschlussfeier die deutsche Fahne tragen zu dürfen: "Das wäre ein schönes Zeichen gewesen."

Reiter und Verbände enttäuscht

"Ich bin fassungslos", reagierte Hanfried Haring, Präsidiumsmitglied des Reiterweltverbandes FEI und zugleich Generalsekretär des nationalen Verbandes (FN): "Ich finde das Ganze fürchterlich." FN-Präsident Jürgen Thumann sagte: "Das ist eine herbe Enttäuschung nach all unseren Bemühungen." Trotz des "emotionalen Tiefschlags" gab sich zumindest Hinrich Romeike (Nübbel) kämpferisch. "Für mich ist das noch nicht ad acta gelegt", betonte der Team-Reiter.

Die Deutschen Reiter kehren mit Gold nach Hause
Es hätte so schön sein können: Die Deutschen Reiter kehren mit Gold nach HauseBild: AP

Romeike will sich wie Bettina Hoy juristisch beraten lassen. "Sehr, sehr viele Anwälte haben sich gemeldet", berichtete die aus Rheine stammende Reiterin. "Ich mache das aber nur in Absprache mit meinen Kollegen und wenn unser Sport damit nicht in Misskredit gerät." Das wäre aber unweigerlich der Fall, wenn es nun noch Jahre lange Prozesse gäbe. Nach Ansicht des Hamburger Sportanwalts Volker Meinberg hätten die Reiter aber gute Aussichten, sich ihre Goldmedaille vor einem ordentlichen Gericht zu erstreiten. "Der Entscheidung des Internationalen Sportsgerichtshofs steht die Fehlerhaftigkeit schon auf der Stirn", erklärte der auf Sportrecht spezialisierte Jurist.

Vielseitigkeitsreiter Andreas Dibowski will sich dem juristischen Kampf um das aberkannte Olympia- Gold allerdings nicht anschließen. "Ich möchte, dass irgendwann ein Schlussstrich gezogen wird", sagte er. Gleichzeitig bleibe die "ganze Sache ominös und sehr kurios". Auch die FN will aber auf entsprechende Schritte verzichten. Ebenso rät Springreiter Ludger Beerbaum von einem Gang vor Gericht ab, "denn so haben sie zumindest noch die Moral auf ihrer Seite."

Problematische Klageflut

Problematisch ist ein juristisches Vorgehen gegen die Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs CAS, weil alle Athleten sich im Vorfeld der Athener Spiele schriftlich zur Anerkennung des CAS als letzte Gerichtsbarkeit verpflichtet hatten. Als erstes müsse geprüft werden, ob diese Olympia-Erklärung verbindlich ist. Mit Besorgnis hat Thomas Bach als Vorsitzender der Juristischen Kommission im IOC die Protestflut vor dem Obersten Sportschiedsgericht registriert: "Sport und CAS müssen aufpassen, dass sportliche Entscheidungen nicht vor Gericht fallen", sagte er. Gefordert seien beide Seiten:

Bettina Hoy - Gold mit der Mannschaft und im Einzel
Bettina HoyBild: AP

"Die Weltverbände müssen ihr Regelwerk gezielt überarbeiten und der CAS muss zeigen, dass er nicht in den Sportablauf eingreifen will." Deshalb sei das CAS-Urteil im Vielseitigkeitsreiten problematisch gewesen: "Durch formaljuristische Argumente ist eine sportliche Entscheidung revidiert worden." Frankreich, Großbritannien und die USA hatten mit ihrem Protest vor dem CAS dafür gesorgt, dass die deutschen Vielseitigkeitsreiter sowie Bettina Hoy die Goldmedaillen am grünen Tisch wieder verloren. (arn)