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Telekom fürchtet das Silicon Valley

Andreas Becker7. März 2014

Nach großen Verlusten im Vorjahr macht die Deutsche Telekom wieder Gewinn. Dennoch hat das Unternehmen einen schweren Stand - gegen andere Telefonfirmen und die großen Internetkonzerne.

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Deutsche Telekom Hauptverwaltung in Bonn
Bild: picture-alliance/dpa

Tim Höttges war viele Jahre Finanzvorstand der Deutschen Telekom, nun präsentierte er erstmals als Vorstandsvorsitzender die Jahresbilanz des Bonner Konzerns. "Wir haben einen sehr guten Lauf gehabt", sagte Höttges. Der Umsatz lag 2013 erstmals über 60 Milliarden Euro, ein Plus von rund drei Prozent. Unter dem Strich blieb ein Konzernüberschuss von 930 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor hatte die Telekom noch mehr als fünf Milliarden Euro Verlust gemacht - vor allem wegen hoher Abschreibungen auf die Mobilfunktochter in den USA.

Die ist die Nummer vier auf dem US-Markt und sollte eigentlich an AT&T verkauft werden. Weil die Wettbewerbshüter den Deal untersagten, mussten sich die Bonner etwas anderes einfallen lassen für ihr Sorgenkind. Sie übernahmen die Mehrheit an Metro PCS, der Nummer fünf auf dem US-Mobilfunkmarkt, und verbesserten die Konditionen für ihre Kunden - offenbar mit Erfolg. "T-Mobile USA macht uns gerade richtig Freude", sagte der neue Finanzvorstand Thomas Dannenfeldt. Innerhalb eines Jahres sei die Kundenzahl um 13 Millionen auf rund 47 Millionen gewachsen. Allein die Mehrheitsübernahme von Metro PCS brachte neun Millionen neue Kunden.

Auch in Deutschland konnte die Telekom die Zahl ihrer Mobilfunk-Kunden steigern, um zwei Millionen auf rund 39 Millionen. Bei den Festnetzanschlüssen verliert sie allerdings weiter, gut eine Millionen Kunden verließen die Telekom und wechselten zur Konkurrenz. Die Zahl der gut zwölf Millionen Kunden von Breitband-Internetanschlüssen in Deutschland blieb dagegen stabil.

Kein einheitlicher Markt

Im übrigen Europa hat die Telekom rund 57 Millionen Mobilfunk- und zehn Millionen Festnetzkunden. Das Unternehmen ist mit Tochterunternehmen in den Niederlanden, Österreich, Polen, Ungarn, Tschechien, Kroatien, der Slowakei und Griechenland vertreten.

Tim Höttges Telekom
Tim Höttges ist seit Anfang des Jahres Telekom-ChefBild: picture-alliance/dpa

Vorstandschef Tim Höttges nannte die Telekom "das europäischste aller Telekommunikationsunternehmen" - trotz des großen US-Geschäfts. "75 Prozent unseres Wertes ist hier in Europa. Deswegen spüren wir auch die Veränderungen, die in Europa nötig sind, viel stärker als andere Unternehmen, die in Indien, Südamerika oder wo auch immer aktiv sind."

Zu den großen Konkurrenten in Europa gehören die spanische Telefonica und Vodafone aus Großbritannien, außerdem zahlreiche mittlere und kleine Anbieter. "Wir haben einen zu zersplitterten Markt mit über 200 Telekommunikationsunternehmen", so Höttges. Für Telefonfirmen sei Europa noch immer kein einheitlicher Markt. "Wir brauchen einheitliche Wettbewerbsregeln, eine Harmonisierung zwischen der europäischen und den nationalen Regulierungsbehörden und wir brauchen klare Anreize für die erforderlichen Investitionen in die Breitbandversorgung", so der Telekom-Chef.

Probleme in Europa

Andernfalls würde Europa gegenüber anderen Regionen der Welt ins Hintertreffen geraten. Überall vervielfache sich das Datenvolumen der Nutzer, so Höttges. Doch während der Telekommunikationsmarkt in Asien um 32 Prozent wachse und in den USA um acht Prozent, schrumpfe die Industrie in Europa. "Wie will eine Industrie diese Infrastruktur bereitstellen und all diese Anwendungen ermöglichen, wenn sie immer weniger Wertschöpfung hat?"

Die Werte, so Höttges, schöpfen andere: "Wenn man die gesamte europäische Telekommunikationsindustrie in 28 Ländern zusammenrechnet, kommen wir auf einen Wert von 250 bis 280 Milliarden Euro", rechnet er vor. "Diesen Wert erreicht Google allein." Selbst die beiden US-Telefonfirmen AT&T und Verizon hätten zusammen einen größeren Wert als sämtliche Telefonfirmen Europas.

Die Telekom will im laufenden Jahr rund neun Milliarden Euro investieren, vor allem in den Netzausbau. Höttges merkt an, das stehe in keinem Verhältnis zu den rund 15 Milliarden Euro, die Facebook für den Kauf des Nachrichtendienstes Whats-App mit seinen 55 Mitarbeitern zahlt.

Last der Regulierung

Der Telekom-Chef wendet sich mit seiner Forderung nach einheitlicher Regulierung und Investitionsanreizen in Europa direkt an die Politik. Wenn es nach ihm ginge, sollten zudem Internetfirmen ebenso stark reguliert werden wie Telefonanbieter. In Europa stellten 20 Regulierer sicher, dass Kunden problemlos von einem Netz in ein anderes telefonieren könnten. Außerdem gebe es Auflagen für den Umgang mit Kundendaten. "Haben Sie mal versucht, mit ihren Daten von einem Apple-Ökosystem in ein Android-Ökosystem umzuziehen? Haben sie mal versucht, von Skype einen Viber-Kunden anzurufen?"

Höttges Fragen zeigen: Der Telekom macht die Konkurrenz der Internet- und Computerfirmen zunehmend Sorgen. Dass Google bereits daran arbeitet, die ganze Welt mit schnellem Internet zu versorgen, blieb an diesem Tag in Bonn unerwähnt.