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Tempo machen für die Große Koalition

Jens Thurau9. November 2005

Die Koalitionsverhandlungen von SPD, CDU und CSU nähern sich dem Ende. Jedenfalls soll die Vereinbarung bis zum Wochenende stehen. Und da ist noch so manches Thema zu klären.

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Arbeit am Kompromiss (Archiv)Bild: AP

Union und SPD machen weiter Tempo bei den Koalitionsgesprächen. Am Freitag (11.11.) will die künftige Kanzlerin Angela Merkel die Arbeit beendet sehen, bis dahin tagen die Verhandler pausenlos, auch bis in die Nacht. Zuletzt wurde vereinbart, dass der Kündigungsschutz aufgeweicht wird. Künftig soll es eine Probezeit von zwei Jahren bei Neueinstellungen geben. Innerhalb dieser Zeit können Kündigungen leichter ausgesprochen werden, bislang beträgt diese Frist sechs Monate. Und eine Einigung gab es auch beim Thema Finanzen und Sozialbeiträge, wie der stellvertretender Fraktionschef der Union, Ronald Pofalla, dem Nachrichtensender NTV sagte: "Ich kann bestätigen, dass wir uns heute Nacht darauf verständigt haben, dass ein Prozentpunkt bei der Arbeitslosenversicherung aus der Bundesagentur für Arbeit finanziert wird." Der zweite Prozentpunkt solle über die Mehrwertsteuer finanziert werden.

CDU-Bundesvorstand Ronald Pofalla, Porträt
Ronald PofallaBild: dpa

Weiter Sparen bei Hartz IV

Bei der Arbeitmarktreform Hartz IV sollen nun 4 statt der bislang beplanten 1,8 Milliarden Euro eingespart werden. Und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer scheint sicher, wohl eher auf 19 als auf 18 Prozent - derzeit beträgt die Konsumsteuer 16 Prozent. Ein Großteil des riesigen Haushaltslochs von mehr als 40 Milliarden Euro wird so durch höhere Steuern gedeckt, aber nach Zeitungsberichten reicht auch das nicht. So berichtet der "Tagespiegel" aus Berlin, die neue Regierung werde für 2006 einen verfassungswidrigen Haushalt vorlegen, weil Verkäufe von Bundesvermögen von rund 23 Milliarden Euro auf spätere Jahre verschoben würden. Dadurch stiege die Neuverschuldung über das von den Verfassung zugelassene Niveau: Der Finanzexperte der SPD-Fraktion, Joachim Poß, dementierte das am Mittwoch nicht: "Ich persönlich gehöre zu denjenigen, die der Auffassung sind, dass wir alles tun müssen, um einen verfassungsfesten Haushalt im Jahre 2006 aufzustellen, weil ich das Signal in der Tat für problematisch halte. Ich hoffe nicht, dass die Überlegungen bei den Spitzenvertretern beider Parteien schon so weit fortgeschritten sind, dass das nicht mehr abzuwenden ist."

Indessen haben die Wirtschaftsweisen - ein Beratungsgremium der Bundesregierung, das die gesamtwirtschaftliche Lage analysiert - eine neue Regierung aus SPD und Union eindringlich vor einer Mehrwertsteuererhöhung zur Haushaltssanierung gewarnt und ein umfassendes Reformkonzept vorgeschlagen. "Der Sachverständigenrat rät dringend davon ab, zu Zwecken der Haushaltskonsolidierung eine Erhöhung des Normalsatzes der Mehrwertsteuer im nächsten Jahr vorzunehmen", heißt es im Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Dagegen sei eine Mehrwertsteuererhöhung zur Finanzierung einer Steuerreform oder einer Reform der Sozialversicherungen "erforderlich und auch zu vertreten".

Keine Einigung bei Atomausstieg

Union und SPD haben sich entgegen anders lautenden Berichten in der umstrittenen Frage eines Atomausstiegs bisher nicht einigen können. "Die Verhandlungen über die Kernenergiefrage dauern an", erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Klaus Lippold. "Ein Konsens wurde bisher nicht erzielt. Die Verhandlungen werden fortgeführt", sagte Lippold.

Am Freitag (10.11.2005) will Angela Merkel den Koalitionsvertrag präsentieren, am Wochenende werden sich die Spitzengremien der Parteien mit der Vereinbarung befassen, bevor dann zu Beginn der kommenden Woche Parteitage von CDU, CSU und SPD das Bündnis endgültig besiegeln sollen.