1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Portugals teure Banken

Jochen Faget, Lissabon24. Januar 2016

Zwölf Milliarden Steuergelder mussten die Portugiesen bis jetzt für Bankenrettungen bezahlen. Missmanagement und dunkle Geschäfte der Banken waren der Bankenaufsicht bekannt. Sie schritt jedoch nicht ein.

https://p.dw.com/p/1HfI9
Portugal Bankenrettung
Eingang der Bank von PortugalBild: DW/J. Faget

Mário Matias sitzt hinter seinem tadellos aufgeräumten, riesigen Schreibtisch. Es ist ihm anzusehen, dass ihm das Gespräch keinen Spaß macht. Kein Wunder: Bankiers reden nicht gern über Bankenrettungen. Schon gar nicht, wenn die den Steuerzahlern inzwischen gut zwölf Milliarden Euro gekostet haben. Weil vor der Rettung die Bankdirektoren so viel falsch gemacht haben. Und weil Sparer geschädigt wurden. Das ist der größte Horror für den 80-jährigen: "Menschen, die vor der Bank stehen und erfolglos ihr Geld zurückfordern - fürchterlich!" Aber Mário Matias, Chef der kleinen, hundert Jahre alten Regionalbank Caixa de Crédito de Leiria ist eben noch ein Bankier alter Schule, kein moderner "Banker".

Portugal Bankenrettung
Bankier Mário Matias von der Regionalbank Caixa de Crédito de LeiriaBild: DW/J. Faget

Die haben - unterstützt von der weltweiten Finanzkrise - im kleinen Portugal in den vergangenen knapp zehn Jahren gleich vier Banken gegen die Wand gefahren, die vom Staat mit viel Geld gerettet werden mussten. Zuletzt die BANIF, eine Bank von der Insel Madeira, für rund drei Milliarden Euro. Auch sie hatte sich bei ihrem Wunsch zu wachsen überhoben, zu unsichere Kredite vergeben, zu viel spekuliert. Leider eine Geschichte von vielen, klagt der Wirtschaftsprofessor Francisco Louçã von der Lissabonner Universität ISEG: "Alle europäischen Banken waren vor der Krise sehr leichtfertig, vor allem beim Spekulieren. Auch die portugiesischen."

Kriminelle Machenschaften, gefährliche Beziehungen

Und sie wurden bei ihren zum Teil sogar kriminellen Machenschaften offensichtlich von niemandem kontrolliert. Die Bank von Portugal, die Finanzaufsichtsbehörde des Landes, habe versagt, erklärt Louçã und nennt das Beispiel BPN. Diese Bank war sogar in Steuerbetrug und Geldwäsche verwickelt. Ihre Pleite 2008 kostete dem Staat rund fünf Milliarden. Fachleuten sei die Schieflage der Bank lange bekannt gewesen. Der jetzige EZB-Vizechef Vítor Constâncio, damals Gouverneur der Bank von Portugal, habe jedoch erklärt, er habe keine Gründe zum Eingreifen gesehen. Schließlich sei der Bankchef ein ehemaliger Staatssekretär und damit über jeden Zweifel erhaben gewesen.

Portugal Bankenrettung
Wirtschaftsprofessor Francisco Louçã kritisiert Banken und BankenaufsichtBild: DW/J. Faget

Wirtschaftsprofessor Louçã kritisiert die zu große Nähe von Banken und Politik, die in Portugal Tradition habe: "Banker wechseln ständig in die Politik, Politiker ständig in die Banken. Ohne dass irgend etwas dagegen unternommen wird." Besonders dick mit der Politik verquickt war die Espirito-Santo-Bank, eine jahrhundertealte, höchst angesehene Institution. Ihr Chef wurde respektvoll der "Herr von allem" genannt und hatte bei allem seine Finger im Spiel. Seine Bank stellte Minister und Staatssekretäre, er finanzierte die Wahlkämpfe diverser Präsidentschaftskandidaten, sogar die mehrerer gleichzeitig. Die Besitzerfamilie hatte ein verschachteltes Finanzimperium aufgebaut und Milliarden verzockt. Es habe klare Anzeichen für illegale Handlungen gegeben, so Louçã. Die Bank von Portugal habe dabei tatenlos zugesehen: "Zumindest erscheinen die wenigen getroffenen Maßnahmen halbherzig und inkompetent." Das Ergebnis: 2014 ging auch die Espirito-Santo-Bank pleite. Kosten für den Staat: bis jetzt rund vier Milliarden Euro.

Schwache Bankenaufsicht?

Die Aufsichtsbehörde, also die Bank von Portugal sei ein Teil des portugiesischen Bankenproblems, meint Francisco Louçã. Sie greife viel zu wenig ein, lasse den Banken des Landes zu große Freiheiten. Das sei jedoch kein Macht-, sondern ein Mentalitätsproblem: "Die Bank von Portugal kann, wenn sie es für nötig hält, sogar die Chefetage einer Privatbank vollständig austauschen." Nur will sie das anscheinend nicht.

Ein Mentalitätsproblem sieht auch der Bankier Mário Matias aus der Provinz: Normale Kundenbanken und Investmentbanken müssten voneinander getrennt werden, wieder klare Grenzen wie früher geschaffen werden: "Ein Arzt sollte ja auch keine Apotheke besitzen! Nur so kann er nicht in den Ruf kommen, an seinen eigenen Rezepten zu verdienen." Weder Portugals Banken noch die Politiker haben sich an diese Regel gehalten. Gute Beziehungen bedeuteten gute Geschäfte für beide Seiten: Die Pleitenbank BPN verkaufte dem damals gerade amtslosen Politiker Cavaco Silva Vorzugsaktien zu einem Sonderpreis, die der kurz danach mit dickem Gewinn verkaufte. Vorher war Cavaco Silva Regierungschef, danach wurde er Staatspräsident.

Bürger muss zahlen

Die bonusbesessenen Banker von heute spekulierten zu leichtfertig mit dem Geld ihrer Kunden, lockten zu oft mit hohen Renditen bei wackligen Spekulationsobjekten, schimpft Mário Matias von der Caixa de Crédito de Leiria. Das müsse aufhören, fordert der altehrwürdige Bankier. Wird es aber so bald nicht, fürchtet der Wirtschaftswissenschaftler Louçã. Während in den USA normale Banken längst keine Spekulationsgeschäfte mehr machen dürften, sei das in Europa und eben auch in Portugal noch gang und gäbe. Der Preis, den Portugal dafür bezahlen muss, könne noch steigen. Schließlich stünden auch noch Staatsgarantien über mehr als 30 Milliarden für die Pleitenbanken im Raum. Sollten die in Anspruch genommen werden, müssen Portugals Bürger wieder zahlen.