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Hohe Zinsen für Anleihen aus Hellas

20. April 2010

So teuer war es für Griechenland noch nie, sich frisches Geld zu besorgen. Alle neue Staatsanleihen wurden verkauft, aber die Zinsen liegen auf Rekordniveau - trotz Hilfszusagen der EU.

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Griechische Flagge und Euro-Scheine (DW-Grafik: Peter Steinmetz)
Euros nach AthenBild: DW-Montage/bilderbox.de

Die Hoffnung der Europäischen Union, dass ihre jüngsten konkreten Hilfszusagen, den Griechen mehr Luft auf dem Finanzmarkt verschaffen würden, ist nicht erfüllt worden. Die Regierung in Athen konnte am Dienstag (20.04.10) zwar eine neue Staatsanleihe in Höhe von 1,95 Milliarden Euro verkaufen, aber die Zinsen für die kurzfristige 13 Wochen laufende Anleihe, die der Staat Anlegern zahlen muss, lagen bei 3,65 Prozent. Der Zinssatz ist damit doppelt so hoch wie Anfang Januar. Die Rendite für zehn Jahre laufende griechische Staatsanleihen lag am Dienstag bei 7,807 Prozent, so hoch wie noch nie seit Einführung der Gemeinschaftswährung Euro.

Nothilfe für Griechenland im Mai?

Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou (Foto: AP)
Finanzminister Papakonstantinou braucht EU-HilfenBild: AP

Die EU-Finanzminister hatten gehofft, dass die Zusage von bis zu 30 Milliarden Euro an bilateralen Krediten für das klamme Griechenland allein für das laufenden Jahr die Finanzmärkte beruhigen würde. Finanzexperten gehen jetzt davon aus, dass Griechenland unmittelbar davor steht, die zugesagten Finanzhilfen auch tatsächlich abzurufen. Hinzu kommen könnten noch rund 15 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds in Washington. Der griechische Finanzminister Giorgos Papkonstantinou sagte in Athen, sein Land könnte bereits im Mai die Hilfen von EU und IWF abrufen. Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, rechnet mit einem Finanzbedarf Griechenlands in Höhe von 80 Milliarden Euro verteilt auf die nächsten drei Jahre. Allein in diesem Jahr müsste Deutschland rund 8,4 Milliarden an Krediten für Griechenland bereitstellen. Weber äußerte sich auf einer Tagung vor Bundestagsabgeordneten der FDP in Berlin.

Gesetze im Eilverfahren

Angela Merkel sitzt vor der griechische Flagge, die mit einem roten Verbots-Kreis versehen ist (Grafik: DW)
Merkels Nein zu Finanzhilfen ist aufgeweichtBild: DW/AP

Nach Angaben von Finanzstaatssekretär Jörg Assmussen einigten sich die Länder, die den Euro als Zahlungsmittel haben, darauf, Griechenland einen gemeinsamen Kredit mit einem Zinssatz von voraussichtlich rund fünf Prozent zu gewähren. Der Ankauf von griechischen Staatsanleihen wurde verworfen, weil damit keine konkreten Auflagen für die griechische Haushaltspolitik verbunden werden könnten. Noch vor wenigen Wochen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel in Brüssel die Eiserne Lady gegeben und direkte Finanzhilfen an Griechenland abgelehnt. Jetzt will die Bundesregierung sogar im Eilverfahren Gesetze zur Kreditvergabe an Griechenland durch das Parlament peitschen. Um den Landtagswahlkampf im größten Bundesland Nordrhein-Westfalen nicht negativ zu beeinflussen, solle die Kreditvergabe an Griechenland möglichst nach dem Wahltermin am 09. Mai 2010 erfolgen, heißt es aus CDU-Parteikreisen in Berlin.

Fünf Schritte zum Kredit

Die Rettungsaktion für Griechenland soll in fünf Schritten ablaufen:

1. Griechenland stellt einen förmlichen Antrag auf Finanzhilfen beim Internationalen Währungsfonds und bei der Europäischen Union.

2. Der IWF, die Europäische Zentralbank und die Europäische Kommission müssen den griechischen Antrag befürworten und somit die drohende Zahlungsunfähigkeit des EU-Mitglieds feststellen.

3. Die 16 Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder müssen dem Kredit bei einem Sondergipfel oder per Telefonkonferenz zustimmen. Deutschland hatte sich ein Veto-Recht vorbehalten.

4. Im Eilverfahren müssten Bundestag und Bundesrat zustimmen. Dies würde nur wenige Tage dauern, wenn die Opposition im Bundestag und die Länderkammer mitspielen.

5. Die Auszahlung des deutschen Anteils am europäischen Kredit erfolgt durch die deutsche Staatsbank KfW.

Richter und Zuschauer im Saal des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (Foto: dpa)
Muss sich am Ende das Bundesverfassungsgericht mit EU-Hilfen beschäftigen?Bild: picture-alliance/dpa

Möglich wäre eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Beschluss des Bundestages oder das Vorgehen der Regierung. Viele Experten sehen in den geplanten Hilfsmaßnahmen eine unzulässige Übernahme von Schulden anderer EU-Staaten. Ein solches "bail-out" ist im EU-Vertrag von Lissabon wie schon im Vorgänger-Vertrag von Maastricht ausdrücklich ausgeschlossen. Diese Klausel war vor zwanzig Jahren auf ausdrücklichen Wunsch Deutschlands in den Vertrag aufgenommen worden.

Autor: Bernd Riegert (rtr, dpa, afp)
Redaktion: Nicole Scherschun