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Thailand ist nicht nur Bangkok

Ralf Lehnert13. April 2004

Tourismus - das ist für Thailand ein zweischneidiges Schwert. Er bringt Geld, doch Künstler fürchten um ihre Kultur. Und viele Ausländer glauben, ganz Thailand sei wie Bangkok.

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Hier könnte ein Hotel stehen: Kritiker in Thailand fürchten die UrlaubermassenBild: Hartert

"Heute erzähle ich Euch eine wahre Geschichte, eine Geschichte vom alten Großvater und der alten Großmutter." So beginnt ein Gedicht von Ajarn Naovarat. In ihm erzählt der Lyriker von einem alten Paar, das am Rand des Waldes lebt. Doch eines Tages kommen Leute angefahren, fällen die Bäume, lassen tote Erde zurück. Großvater und Großmutter - traditionelle thailändische Bauern - werden vertrieben, müssen weiterziehen. Vom Land in die Hauptstadt, vom traditionellen Leben ins Getümmel des modernen Moloch. In die Hauptstadt, in der das Leben einem anderen Rhythmus folgt, einem westlichen Rythmus.

Das Tor nach Thailand

Bangkok steht im Ausland oft für ganz Thailand. Zu Unrecht, wie der Dichter und Performance-Künstler Chumpon Apisuk erklärt: "Bangkok ist Bangkok, es repräsentiert sich selbst - und oft denken die Leute fälschlich, es stünde für Thailand, während wir 75 andere Provinzen haben, außerhalb Bangkoks." Bangkok wird immer mehr zu einer internationalen Stadt. Es repräsentiert nicht mehr Thailand, es repräsentiert wohl eher eine internationale Arena in Asien.

Wer im Westen das Wort Thailand hört, denkt an das goldene Dreieck, an schnellen Sex, Alkohol, Partys und grelle Neonreklamen. Alles Dinge, die typisch für Bangkok sind - aber nicht typisch für das Land. Doch fast jeder Besucher reist zuerst durch die Metropole, erklärt Apisuk: "Wenn Sie nach Thailand kommen, ist Bangkok das Tor nach Thailand."

Urlauber bringen Geld

Bangkok, sagt Apisuk, sei wie ein Marktplatz - und auf diesem Marktplatz wird nach Meinung vieler Künstler das eigene Land und die eigene Kultur verschleudert. Viele Intellektuelle sind nicht glücklich mit dem, was sie als Ausverkauf des Landes sehen. Kritisch begleiten sie die Entwicklung; sie äußern Bedenken über eine Politik, die das bewährte Alte für das schnelle Geld aufgibt.

Apisuk findet, sein Land sollte sich nicht zu sehr versuchen, Urlaubern alles recht zu machen: "Ich meine, Gäste bleiben nicht ewig. Was werden wir mit all den Bäumen machen, die wir haben? Werden wir sie alle fällen und neue Hotels für die nächsten Touristen bauen? Und was würde passieren, wenn die Touristen plötzlich nicht mehr zurückkommen?"

Kultur raus, Wellness-Center rein

Die schnelle Mark durch den Tourismus - für die Kritiker wird hier nachhaltige, landwirtschaftliche Kultur abgerodet, mit den Wurzeln ausgerissen, um Platz zu schaffen für den Tourismus. An ihrer Stelle werden Hotels errichtet, Spielhallen, Massagecenter. Auf dem Land von Großvater und Großmutter. Die nach Bangkok ziehen mussten. Wie ihre Geschichte endet? Sie sterben in der Hauptstadt.