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The British Way of Learning

Ingun Arnold4. Juli 2002

Britische Schüler belegen in der PISA-Studie Rang 7 von 33: Sie können gut lesen und rechnen, zudem sind sie fit in Naturwissenschaften. Warum sind die Briten so gut, obwohl ihr Schulsystem einen so schlechten Ruf hat?

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Zwei Schuljungen in ihren UniformenBild: AP

Wer etwas auf sich hält, schickt seine Kinder auf eine der privaten ‚Public Schools‘. Für ein Schulgeld von oft mehreren 10.000 Pfund im Jahr bekommen sie dann eine maßgeschneiderte Ausbildung. Doch an den ‚Public Schools‘ kann es nicht liegen, dass Großbritannien im PISA-Leistungstest so erfolgreich ist – 93 Prozent aller Schüler besuchen eine staatliche Schule.

Die Schullaufbahn

Das staatlich geförderte Lernen beginnt frühzeitig: Der Besuch einer ‚Vorschule‘ ist für Zwei- bis Vierjährige zwar freiwillig, aber die Kindergärten mit Bildungsanspruch sind bei den Eltern beliebt. Spätestens mit fünf kommen die Kinder in die Schule. Vier Jahre lang besuchen sie die Grundschule, anschließend eine der Sekundarschulen. ‚Sitzenbleiben‘ ist in Großbritannien ein Fremdwort: Alle Schüler kommen automatisch von einer Jahrgangsstufe in die nächste.

Lehre & Lehrer

85 Prozent der staatlichen Schulen sind Gesamtschulen mit Ganztagsbetrieb. Neben den ‚klassischen‘ Schulfächern werden auch eine Reihe von Fächern unterrichtet, die deutschen Schülern exotisch vorkommen – zum Beispiel Darstellendes Spiel, Hauswirtschaft, Kammermusik, Psychologie, Handwerken & Handarbeiten.

Die Lehrer arbeiten den ganzen Tag in der Schule. Darüber hinaus wird erwartet, dass sie sich für das Schulleben engagieren – ohne zusätzliche Vergütung. Und das bei der ohnehin schlechten Bezahlung: Im Durchschnitt verdienen sie zwischen 15.000 und 22.000 Pfund (23.000 bis 34.000 Euro) im Jahr.

Die "Prüfungs-Europameister"

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Im Alter von 7, 11 und 14 Jahren schreiben britische Schüler landesweite Vergleichstest, mit 16 und 18 die Schulabschlussprüfungen. Alle erwerben das ‚General Certificate of Secondary Education‘ (GCSE O-Levels) – eine Kombination aus Haupt- und Realschulabschluss. Damit ist die Schulpflicht beendet. Jedem Schüler steht es frei, an der Schule zu bleiben und für die GCSE A-Levels zu büffeln.

Wer nicht mindestens drei dieser ‚Advanced Levels‘ vorweisen kann, wird nicht zum Studium zugelassen. Pflichtfächer für ‚A-Levels‘ gibt es keine. Spitzenschüler belegen fünf oder sechs Fächer, schwächere nur eins. Bei der Bewerbung um einen Studienplatz kommt es auf die richtige Kombination von ‚A-Levels‘ an: Eine ‚allgemeine Hochschulreife‘ wird in Großbritannien nicht vergeben.

Weniger Fakten, mehr Methode

In den letzten 30 Jahren wurden die Lern- und Unterrichtsmethoden radikal reformiert: Weg vom Frontalunterricht, hin zum Lernen in Gruppen. Selbständig arbeiten, Fragen stellen statt Antworten auswendig lernen, Präsentieren und Diskutieren sind Fertigkeiten, die den Schülern abverlangt werden.

Doch das Reformkonzept gerät immer wieder unter Beschuss. Kaum eine Gelegenheit wird ausgelassen, um die Defizite staatlicher Schulen anzuprangern: die miserable Ausstattung, den chaotischen Unterricht, die fehlende individuelle Förderung, die entnervten Lehrer.

Wer ist wofür verantwortlich?

Die Schulen Großbritanniens entscheiden eigenständig über die Auswahl und Einstellung von Lehrkräften, ihren Fächerkanon und die Finanzplanung. Für die Kernfächer gibt es seit 1988 landesweit gültige Rahmenlehrpläne.

Bildungspolitische Beschlüsse des Ministeriums für Erziehung und Beschäftigung haben einen langen Dienstweg: Über die lokalen Bildungsbehörden der Districte werden sie an die jeweiligen Schulen weitergereicht. Die Landesteile Schottland und Wales verwalten ihr Schulsystem ohnehin weitgehend in Eigenregie.