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Letzte Printausgabe der Zeitung "Independent"

26. März 2016

Keine Gnade für das Papiermedium: Die britische Tageszeitung "The Independent" hat nach 30 Jahren ihre gedruckte Ausgabe eingestellt. Jetzt gibt es das namhafte Blatt nur noch online.

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Letzte Ausgabe der Zeitung "The Independent" (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/D. Lipinski

Am Samstag erschien die Zeitung "The Independent", die man politisch als Mitte-links verorten kann, letztmals auf Papier. "Stop Press" stand in roten Buchstaben auf der weißen Titelseite, darunter der Hinweis auf die Erscheinungsjahre 1986 bis 2016. Dahinter kam die eigentliche Seite 1 zum Vorschein, die sich den Ermittlungen zu den Brüsseler Anschlägen widmet sowie einem Mordkomplott gegen den früheren saudi-arabischen König Abdallah, in das ein in Großbritannien lebender Dissident verwickelt sein soll. "Die Druckmaschinen wurden angehalten, die Tinte ist trocken und bald wird die Zeitung nicht mehr knittern", heißt es im Leitartikel der letzten Printausgabe. Der Geist der Zeitung werde aber fortbestehen. Die Mitarbeiter hatten bereits am Vorabend Fotos von ihrer Abschiedsfeier in den sozialen Netzwerken veröffentlicht.

Der Besitzer des Blatts, Evgeny Lebedev, hatte die Neuausrichtung im Februar angekündigt und mit dem Wandel in der Medienbranche begründet. Die Zeitung müsse sich diesen Veränderungen anpassen, die Zukunft sei digital, erklärte er. "Wir hatten eine Wahl: den kontinuierlichen Niedergang der Druck-Ausgabe zu verwalten oder die digitale Grundlage, die wir gebaut haben, in eine nachhaltige, profitable Zukunft umzuformen", betont Lebedev. Die Tageszeitung und die Sonntagsausgabe gehen daher online, der Ableger "i" wird verkauft.

Das Mutterhaus ESI Media will sich künftig auf die "Independent"-Website konzentrieren und eine mobile Anwendung herausbringen. Wie viele andere Zeitungen litt das Blatt in der letzten Zeit unter einem Auflagenschwund. Derzeit hat es eine verkaufte Auflage von rund 40.000 und ist damit die am wenigsten gelesene überregionale Tageszeitung im Vereinigten Königreich.

Sinkende Auflagen

Mit dem Niedergang der Druckausgaben stand der "Independent" nicht alleine. Allgemein sind die Auflagen der landesweiten britischen Zeitungen über die vergangenen Jahre gefallen, während Nutzerzahlen der Online-Portale steigen. "Man kann nicht nur sagen, dass Zeitungen sterben, es ist eine Änderung des Nutzerverhaltens", sagt eine Sprecherin des Branchendienstes Audit Bureau of Circulation (ABC), der Auflagenzahlen beobachtet.

Die Gesamtzahl der verkauften Blätter fiel von Frühjahr 2014 bis Frühjahr 2015 um 7,6 Prozent - von 7,6 Millionen täglich auf gut 7 Millionen, wie der "Guardian" auf Basis der ABC-Zahlen errechnete. Entsprechend sinken die Werbeeinnahmen. Nach wie vor testen Medien, wie sie online Geld verdienen können. Bezahlschranken sind in Großbritannien schon länger und weiter verbreitet als in Deutschland - von der "Sun" bis zur "Financial Times".

Letzte Ausgabe der Zeitung "The Independent" (Foto: dpa)
"Independent" lesen: Das geht künftig nur noch onlineBild: picture-alliance/dpa/D. Lipinski

Mutige Initiative

Anderswo in London glaubt man an die Zukunft des Gedruckten und bringt eine neue Zeitung auf den Markt, und zwar eine, die nicht einmal eine Website hat. Der "New Day" sei die erste eigenständige, landesweit erscheinende Tageszeitung seit dem "Independent"-Start 1986, brüstet sich der Verlag Trinity Mirror. Er steht mit dem "Mirror" ansonsten für politisch linken Boulevardjournalismus. Das neue Blatt richtet sich vor allem an Frauen, es soll "optimistisch" und politisch neutral sein. Die Entscheidung für "New Day" sei aus der Not heraus gefallen, sagt Chefredakteurin Alison Phillips.

Um "Mirror"-Leser zurückzugewinnen, hätte man die Zeitung umkrempeln müssen. Ein neues Blatt schien einfacher. Besonders erfolgreich startete "New Day" aber nicht. Trotz eines Einführungspreises von 25 Pence kletterten die Verkaufszahlen nicht auf die erhofften 200000. Derzeit sollen sie bei 90000 liegen.

kle/jj (afp, dpa)