1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Theater in Not

1. Juli 2010

Der Bund muss sparen, die Kommunen schon lange. Seit die öffentlichen Kassen fast leer sind, schließen viele nicht nur Schwimmbäder. Längst ist die Kultur dran, auch Theater sind gefährdet. Zum Beispiel in Wuppertal.

https://p.dw.com/p/O7bq
Dunkle Wolken über dem Wuppertaler Opernhaus (Foto: Pillboxs)
Bild: Pillboxs

Weithin sichtbar markieren die weiß-gelben Fahnen das städtische Theater. "Wuppertaler Bühnen, Oper und Schauspiel" steht in großen Lettern darauf. Wie lange diese Fahnen noch vor den zwei Spielstätten wehen werden, ist ungewiss. Zwei Millionen Euro jährlich will die hochverschuldete Stadt bei ihren Bühnen einsparen. Im Gespräch sind die Schließung des sanierungsbedürftigen Schauspielhauses und die Aufgabe einer Sparte. Oper oder Schauspiel – die Stadt muss sich entscheiden.

Noch hofft Intendant Christian von Treskow, dass es nicht so weit kommt. Zwei große Protestveranstaltungen haben die Wuppertaler Bühnen bislang organisiert. Mit Erfolg. Im Juni sollten die Sparpläne bereits beschlossen werden. Jetzt wurde die Entscheidung über die Zukunft der Wuppertaler Bühnen auf das kommende Jahr vertagt. "Wenn diese massiven Kürzungen kommen, ist das der Anfang vom Ende unseres Theaters", warnt von Treskow. Mit nur einer Spielstätte und einer Sparte könne keine Bühne langfristig überleben.

Freiwillige Leistungen - gekürzt

Wuppertaler Opernhaus bei Nacht (Foto: Pillboxs)
Wie lange gibt es die Oper Wuppertal noch?Bild: Pillboxs

"Wuppertal hat rund 350.000 Einwohner", erklärt der Intendant. "Es gibt keine deutsche Stadt in dieser Größenordnung, die kein Theater hat." Doch das könnte sich in Zukunft ändern. Prognosen gehen davon aus, dass die deutschen Kommunen ihre Kulturetats in den nächsten Jahren im Schnitt um zehn Prozent senken. Denn die öffentlichen Kulturausgaben sind sogenannte freiwillige Leistungen und an denen müssen die Gemeinden laut Gesetz in Zeiten knapper Kassen zuerst sparen.

Theaterbesucher Martin Funke hat dafür durchaus Verständnis. "Das Problem ist, dass ja irgendwo gekürzt werden muss", sagt er. "Und dann ist es mir lieber, wenn ein Theater geschlossen wird als wenn wichtige Projekte für Kinder aufgegeben werden." Auch Birgit Hühne findet es nicht richtig, "wenn nur in der Kultur gestrichen wird". Sie gibt aber zu bedenken, ob Theater in Deutschland nicht auch ohne öffentliche Gelder überleben könnten, etwa durch stärkere Kooperationen und Fusionen oder private Sponsoren.

Private Sponsoren - Fehlanzeige

Keine Frage, Kunst kostet. Öffentliche Bühnen können nur knapp ein Fünftel ihrer Betriebsausgaben durch Eigeneinnahmen wie Kartenverkauf selbst erwirtschaften. Jeder Theaterbesuch wird in den meisten Städten mit weit mehr als 100 Euro subventioniert. Insgesamt liegen die öffentlichen Kulturausgaben bundesweit bei jährlich acht Milliarden Euro. Der Anteil privater Finanzierung macht lediglich knapp sieben Prozent aus. In den USA sind es 90 Prozent.

Schwebebahn vor Wuppertaler Opernhaus bei Nacht (Foto: Pillboxs 2010)
Sie ist auf jeden Fall gefährdeter als die Schwebebahn...Bild: Pillboxs

"Über private Sponsoren würden wir uns freuen", sagt Intendant Christian von Treskow. "Aber wir haben weder so viele reiche Stiftungen wie in den USA noch eine solche Steuergesetzgebung, die das Kultursponsoring entsprechend fördert." Daher seien die Theater auf öffentliche Gelder angewiesen. Auch gegen Kooperationen hat von Treskow nichts einzuwenden. "Die Erfahrung zeigt aber, dass sie finanziell keine wesentlichen Einsparungen bringen."

Theater retten – statt Aufbau Ost

Für ihn stellt sich eher die Frage, wie Bund und Länder die deutschen Kommunen stärker unterstützen können, damit sie ihre Theater erhalten. Neue Finanzierungsmodelle seien gefragt, meint der Wuppertaler Intendant. "Das Zehnfache dessen, was man uns hier im Theater nehmen möchte, muss die Stadt Wuppertal an Krediten aufnehmen, um im Rahmen des Solidarpakts ostdeutsche Städte zu unterstützen." Dabei ginge es denen heutzutage oft besser als vielen westdeutschen Kommunen.

"Eine Großstadt wie Wuppertal braucht ein Theater", betont Christian von Treskow. Zumal das Schauspiel nicht nur der kulturellen Weiterbildung diene, sondern auch soziale Aufgaben erfülle. "Wir machen wichtige theaterpädagogische Arbeiten mit Schülern in Problemvierteln." Ohne das Theater hätte Wuppertal gerade im sozialen Bereich ein paar Probleme mehr.

Autorin: Sabine Damaschke

Redaktion: Marlis Schaum