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Ticket nach Tallinn

Marion Wolff23. Februar 2002

Mit Tränen in den Augen und spontan umarmt von Mitstreiterin Joy Flemming war Corinna May die glückliche Gewinnerin der deutschen Vorentscheidung zum Grand Prix der Schlager.

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Sie sangen für die Fahrkarte nach EstlandBild: AP

Rund 6000 Zuschauer in der ausverkauften Kieler Ostseehalle feierten ihre Idole und spornten sie an. Mehr als 500 Journalisten berichteten über eine perfekt organisierte Show, und auch das Rahmenprogramm konnte sich sehen lassen.

Die Spitzenreiter

Neu im Geschäft präsentierte sich die christliche Pop-Band "Normal Generation?", die nach bewährter Boygroup-Manier (auch wenn ein Mädchen dabei war) mit ihrem Titel "Hold on" vornehmlich die Jüngeren ansprachen. Ein Viertel aller Stimmen erhielten die von der Evangelischen Kirche in Deutschland unterstützten Jungstars und belegten somit Platz drei.
Altmeisterin Joy Flemming und ihre Gospel-Crew Jambalaya machten mit ihrem Titel "Joy to the World" dem Publikum viel Freude. Das revanchierte sich mit Platz zwei.

Überraschungssiegerin Corinna May

Schon einmal war sie nahe dran, Deutschland beim Grand-Prix zu vertreten: Die blinde Sängerin Corinna May. Das war 1999. Damals wurde ihr unterstellt, der Titel sei bereits vor dem Wettbewerb veröffentlicht worden. Doch diesmal ging alles klar. Corinna May vertritt Deutschland am 25. Mai bei der Endrunde in Tallinn. Zu Recht, denn mit ihrem Titel "I can't live without Music" – eine Produktion von Ralph Siegel – bewies sie Weltklasse.

Knapp daneben

Enttäuschend hingegen war die Kelly Familiy, von so manchem als Favorit gehandelt. Leider lagen die von Frontfrau Maite getroffenen Töne teilweise haarscharf neben denen der restlichen Musik. Daher ernteten die sechs Geschwister außer Beifall auch zahlreiche Buhrufe. Trotzdem reichte es immerhin noch für Platz vier.
Ebenfalls leicht daneben lag das Bild-Zeitungs-Girl Isabel. Hoch anzurechnen war ihr der Mut, es trotzdem zu wagen.

Mit Ireen Sheer und Bernhard Brink gingen zwei Dinosaurier des Genres an den Start. Ihre Nummer "Es ist niemals zu spät" überzeugte durch erstklassiges Arrangement und musikalische Raumfülle. Der Text fiel allerdings ein wenig dürftig aus, stimmlich überzeugte allenfalls der Backgroundchor.

Kabarettistische Einlagen

Für Erheiterung sorgte die ostdeutsche Formation SPH-X. Wie weiland Dr. Hook & the Medicine Show ihr Konterfei auf dem Cover der renommierten Musikzeitung Rolling Stone erblicken wollten, so möchten die vier Punkrocker endlich einen Starschnitt in der deutschen Teenager-Postille "Bravo". Den hatte vor rund 20 Jahren bereits ein anderer Teilnehmer der Vorrunde: Nino de Angelo, in Kiel mit der Startnummer Drei vertreten.

Sehr appetitlich agierten auch die Jungs der hessischen Formation Mundstuhl. Mit ihrem satirischen Titel "Fleisch" und so gut wie nichts unter der Schürze reichte ihre Interpretation vermutlich aus, um die Viehwirtschaft in eine erneute Krise zu treiben.

Gelungene Show

Kurzum: Countdown 2002 war eine bunte Mischung der unterschiedlichsten Musikgenres. Peinlicher Schwachsinn à la Sladko oder Mooshammer blieben Publikum und Zuschauern diesmal erspart. Dafür brillant vorgetragener Soul, witzige Texte und fröhlicher Disco-Sound. Neu war das sicher alles nicht, aber immer wieder gut.