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'Das Volk ist der Boss'

23. März 2009

Tim Robbins inszeniert in einem kleinen Theater Stücke mit klaren politischen Botschaften. Der Oscar-Preisträger unterstützt Barack Obama, doch nur wenn er "dem Willen des Volkes folgt".

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Tim Robbins stellt moralische FragenBild: AP

Auf der Bühne des Theaters Actors' Gang wird neun Friedensaktivisten der Prozess gemacht – den "Cantersville Nine" – Priestern, Missionaren und einer ehemaligen Nonne. Sie drangen in eine Militärbehörde ein und verbrannten Papiere junger Männer, die zum Dienst für den Krieg in Vietnam eingezogen werden sollten. "Das Stück, das auf wahren Begebenheiten beruht, ist heute genauso relevant wie vor 40 Jahren" sagt Tim Robbins. Er ist künstlerischer Direktor der Actor's Gang. Das kleine Theater in Culver City, einem Vorort von Los Angeles, hat sich seit Jahren einen Namen als Ort für provokante Produktionen mit tagespolitischer Relevanz gemacht.

Robbins ist überzeugt davon, dass das Thema noch immer sehr relevant ist – auch nach der Wahl von Barack Obama zum US-Präsidenten. Denn es stelle die Frage nach moralischer Verantwortung in Zeiten, in denen ein Land im Krieg ist. Eindringlich fordert Robbins: "Wir müssen uns diese Frage stellen. Das Volk ist der Boss in einer Demokratie. Wenn wir also der Boss sind, und diese Kriege im Irak und in Afghanistan erlauben, heißt das, wir sind beteiligt an Gewalt und Tod, in die unsere Regierung verwickelt ist? Das ist eine sehr wichtige moralische Frage."

Debatten bei Proben und im Publikum

Während der Proben für den "Trial of the Catonsville Nine" entstanden hitzige Diskussionen über die Rolle von Regierungen, über persönliche Verantwortung und Widerstand. Regisseur Jon Kellen beschäftigte vor allem die Frage, warum Kriege geführt werden und wer davon profitiert, dass Kriege geführt werden. Hauptdarsteller Andrew Wheeler hält die Regierungen für die besten, die sich am wenigsten einmischen. Der Schauspieler hat Bedenken, dass die neue US-Regierung ihren Einfluss ausdehnt. "Es geht auch darum, daran zu erinnern, dass die Regierung nicht dafür verantwortlich ist, die Probleme der Welt zu beseitigen. Wir Bürger haben eine Verantwortung", sagt er.

Keine Schonzeit für den Präsidenten

Zur Premiere der "Catonsville Nine" lud Tim Robbins den Autor des Buches "Geboren am vierten Juli", Ron Kovic, ein. Der Vietnam-Veteran, dessen Autobiographie von Oliver Stone mit Tom Cruise in der Hauptrolle verfilmt wurde, lobt die neue US-Regierung dafür, dass sie mehr auf Diplomatie als auf das Militär setzt. Kovac fordert Präsident Obama auf, die Einsätze in Irak und Afghanistan zu beenden. Bis das geschehen ist, wird er in seinem Rollstuhl weiter Demonstrationen anführen. "Die Arbeit geht weiter. Wir müssen weiter auf die Strasse gehen", fordert er leidenschaftlich und ist überzeugt: Die Friedensaktivisten unterstützen den neuen Präsidenten so gut sie können. Aber sie bleiben wachsam und zögern keine Sekunde, zu demonstrieren, solange Fehler der Vergangenheit wiederholt werden.

Eine Stunde vor jeder Aufführung der neusten Actor´s Gang-Produktion versammeln sich Friedensdemonstranten an der Kreuzung vor dem Theater. Das ist genau im Sinne von dessen künstlerischen Leiter, Tim Robbins. Der sieht es als Verantwortung der US-Bürger, kritisch zu bleiben und ihre Stimme zu erheben – auch gegen Barack Obama, wenn ihnen dessen Politik nicht gefällt. Er sei nicht glücklich über die Entscheidung des Präsidenten, mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Und fordert Protest: "Wir werden Barack Obama unmöglich machen, nicht dem Willen des Volkes zu folgen."

Autorin: Kerstin Zilm, Los Angeles
Redaktion: Steffen Leidel