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Auf kultureller Mission: Warum Tobias Lösche in der Vergangenheit gräbt

9. Oktober 2009

Sechs Monate lang wird Tobias Lösche als Freiwilliger Ausgrabungsarbeiten in Syrien unterstützen. Der 19-Jährige hat sich dabei weit mehr vorgenommen, als nur Steine umzudrehen und Scherben zu sammeln.

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Tobias Lösche vor einem roten Container mit der Aufschrift 'Wir graben in unserer Vergangenheit' (Foto: DW)
"Auswärtsspieler" Tobias LöscheBild: DW

Tobias Lösche zeigt Flagge: "Kulturweit. Der Freiwilligendienst des Auswärtigen Amtes" steht auf seinem weißen T-Shirt. Der junge Magdeburger gehört zu den ersten 200 Freiwilligen des Projekts. "Ich bin 19 Jahre alt und habe gerade in Magdeburg am Norbertus-Gymnasium Abitur gemacht. Jetzt arbeite ich im Rahmen dieses Projekts ein halbes Jahr beim Deutschen Archäologischen Institut in Syrien."

Das Tausendundeine Nacht-Gefühl

Sechs Monate Damaskus. Tobias hat sich seinen Einsatzort bewusst ausgesucht. Für die arabische Kultur hegt der Abiturient schon lange ein Faible, so ein Tausendundeine-Nacht-Gefühl. "Das Orientalische, Wüsten und so, hat mich schon immer fasziniert. Es hat etwas Geheimnisvolles, Entferntes", findet er.

Der Dom in Magdeburg (Foto: dpa)
Der Dom in MagdeburgBild: picture-alliance/ dpa

Tobias interessiert sich für das Spannungsfeld Islam - Christentum. Er stammt aus einer christlich geprägten Familie. Der berühmte Magdeburger Dom ist wie ein zweites Zuhause für ihn. Pünktlich zum 800-jährigen Jubiläum haben Restauratoren den Dom so heraus geputzt, dass man ihm sein Alter fast nicht mehr ansieht. Tobias schreitet durch den Dom und beschreibt dabei seine besondere Beziehung zu dem Gotteshaus: "Ich singe im Magdeburger Domchor und bin auch in der Jungen Gemeinde aktiv. Ich bin immer wieder gern im Dom. Es ist einfach eine einzigartige Atmosphäre hier."

Was die Vergangenheit mit der Zukunft zu tun hat

Vor dem Gotteshaus steht ein knallroter Container. In dicken Lettern liest man: "Wir graben in unserer Vergangenheit!" Eine Ausstellung informiert über die jüngsten spektakulären Funde im Dom: etwa den Sarg Edithas, Königin im 10. Jahrhundert nach Christus. Turbulente Tage für Domprediger Giselher Quast. "Wir sind hier am Dom etwas archäologiegeschädigt seit vier Jahren." Nichtsdestotrotz freut er sich über das Engagement seines Schützlings und hat Respekt vor seiner Entscheidung, nach Syrien zu gehen, um dort archäologisch zu arbeiten. "Was Tobias macht, ist ja ein Stück in der biblischen Vergangenheit zu graben, so wie wir hier in unserer christlichen Vergangenheit graben.“ Seit Beginn seiner Bekanntschaft mit Tobias sei ihm bewusst, dass er - wie er sagt - gerne in der Vergangenheit grabe. Er sei ein Mensch, der Traditionen bewusst lebe. "Und da denke ich, setzt er eigentlich eines seiner Lebensthemen fort."

Von wegen nur Steine umdrehen und Scherben sammeln

Tobias Lösche (Foto: DW)
Tobias Lösche vor seiner Reise nach Damaskus/SyrienBild: DW

In einer Ausstellungsvitrine liegen Hacke und Messlatte aus. Hilfsmittel, die Tobias in Syrien gebrauchen wird. Denn er darf mitgraben. In Hama, gut 200 Kilometer nördlich von Damaskus, buddeln deutsche Archäologen - und zwar ziemlich tief in der Geschichte: Es geht um eine Siedlung aus dem 7. Jahrtausend vor Christus. Wie viel Abenteuer bei Tobias Expedition dabei ist? Er schmunzelt: "Das kommt ganz auf mich an. Natürlich werde ich bei Ausgrabungen mit dabei sein. Aber es geht auch viel darum, Daten, die man gewonnen hat, zu archivieren. Und in Damaskus in meiner Freizeit wird auch einiges los sein - also es wird auf jeden Fall spannend."

Und darauf ist der Magdeburger gut vorbereitet. Erste Worte auf Arabisch kann er schon. Vor Ort steht auch ein Sprachkurs auf dem Programm. "Guten Tag" heißt "Marhaba". "Ich kann auch noch andere Sachen sagen, zum Beispiel: 'Der Junge trinkt Milch'." Tobias lacht.

Kebab und syrische Disco

Ein Geschäft mit diversen Produkten in der Altstadt von Damaskus im Stadtviertel Emariye (Foto: picture-alliance/ZB)
Altstadt von Damaskus, Stadtviertel EmariyeBild: picture-alliance/ ZB

Tobias Flugticket für Syrien trägt ein schicksalhaftes Datum: 11. September. Freunde haben ihn bei seinem Vorhaben bestärkt, die Familie hingegen sorgt sich auch. Tobias selbst geht die Reise gelassen an. Ein paar Dinge hat er sich für seinen Syrien-Aufenthalt ganz fest vorgenommen: "Ich muss unbedingt einen richtigen Kebab essen. Dann gibt es da wohl eine Disco, die spielt Musik von vor zehn Jahren, das wird lustig." Auf dem Basar will er einkaufen gehen und einen möglichst engen Kontakt zur Bevölkerung aufbauen. "Ich probiere es aus und dann sehen wir weiter."

Insgesamt soll es eine Zeit des Orientierens sein. So gräbt sich Tobias Lösche nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in seine eigene Zukunft.

Autorin: Stefanie Markert
Redaktion: Birgit Görtz