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Toiletten-Geschichten

Christina Bergmann6. September 2007

Ein US-Senator kämpft um sein Ansehen und seinen Job. Der Grund: Er hat sich schuldig bekannt, in einer Flughafen-Toilette Sex gesucht zu haben. Mit einem anderen Mann. Einem Flughafenpolizisten, wie sich herausstellte.

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Bild: DW

Schwule Cowboys aus Wyoming bekommen hierzulande schon mal einen Oscar verliehen. Aber nur von Filmkritikern in San Francisco, Los Angeles oder New York. Im großen Rest des Landes ist es wie in "Brokeback Mountain“. Homosexuelle dürfen vor allem eines nicht: Öffentlich zeigen, dass sie welche sind.

Fernschreiber Christina Bergmann

Der Republikanische Senator Larry Craig kommt nicht aus Wyoming, sondern aus dem benachbarten Bundesstaat Idaho. Der 62jährige ist dort auf einer Ranch aufgewachsen, verheiratet, hat drei Kinder, und ist Mitglied im Vorstand der National Rifle Association - der erzkonservativen Vereinigung, die vehement die Waffengesetze in den USA verteidigt. Letzte Woche stellte er sich mit seiner Frau vor die Presse und verkündete der ganzen Nation: "Ich bin nicht schwul. Und ich war nie schwul.“

"Unzüchtiges Verhalten"

Die Presse hatte herausgefunden, dass der Senator im Juni dieses Jahres ein Schuldeingeständnis unterschrieben hatte. "Unzüchtiges Verhalten“ in einer öffentlichen Flughafen-Toilette lautete der Vorwurf. Was er nach Angaben des Polizisten, der auf Nachbarklo hockte, getan haben soll, weiß inzwischen die ganze Nation. Erstens: Craig hat zu lange durch die Ritzen der Toilettentür geschaut - Ritzen, die für das ansonsten so prüde Amerika übrigens erstaunlich breit sind. Zweitens: Er hat den Fuß des Nebenmannes berührt. Und drittens: Er hat mit der Hand unter der Abtrennung zum Toilettennutzer nebenan gewedelt. Die Trennwände zwischen den Kloschüsseln, muss man wissen, gehen in den USA nämlich nicht bis zum Boden.

Nebenan aber ging nicht ein normaler Mensch seinen Bedürfnissen nach, sondern wartete ein Polizist offenbar darauf, dass auch er seine Hand unter der Abtrennung durchstecken konnte - mit seiner Polizeimarke. Um Craig zu verhaften. Denn alles, was Craig getan hatte, sind offenbar Zeichen eines Homosexuellen, der Kontakt sucht. Wer also bisher nicht wusste, was auf amerikanischen Männer-Flughafentoiletten und Raststätten so passiert, ist jetzt bestens informiert. Und sei gewarnt, denn es kann strafbar sein.

Kein Happy End - kein Oscar

Craig hat nun erkärt, dass sein Schuldeingeständnis ein Irrtum war, dass er möglicherweise zurücktritt, vielleicht aber auch nicht. Der Fall macht seit Tagen Schlagzeilen, die Diskussion wird erregt geführt. Ein Rücktritt sei unumgänglich, sagen die meisten Republikaner. Schluss mit der Doppelmoral, sagen die Demokraten, und verweisen auf "richtige“, also Hetero-Sexskandale, die für die Beteiligten ohne Folgen geblieben sind.

Craig hat sich entschlossen zu kämpfen. Bedauerlicherweise aber mit dem Argument, er sei nicht schwul und in der Bahnhofstoilette damals gar nichts passiert. Alles sei nur ein Missverständnis. Doch das bedeutet: Für diesen Film gibt es kein Happy End und mit Sicherheit auch keinen Oscar für Craig, den Cowboy aus Idaho.