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Top oder Flop?

6. Dezember 2009

In Kopenhagen beginnt am Montag die UN-Klimakonferenz. Vertreter aus 192 Ländern verhandeln über ein Abkommen zum Kampf gegen den Klimawandel. Top oder Flop – alles scheint möglich, meint Henrik Böhme.

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Bild: DW

Eines steht schon jetzt fest: Es wird die größte internationale Konferenz, die die Welt bislang gesehen hat. 15.000 Teilnehmer haben sich bislang angesagt; das Bella Center in der dänischen Hauptstadt wird für zwei Wochen so etwas wie der Nabel der Welt. Was die Sache ebenfalls rekordverdächtig macht: Noch nie haben zu einer Klimakonferenz der Vereinten Nationen über 100 Staats- oder Regierungschefs ihr Kommen angekündigt. Es wird also – wenn die Verhandlungen in die Schlussphase gehen – ein Weltengipfel sein. Vergiss G8, vergiss G20: Mit G100 soll die Rettung der Welt gelingen.

Manipulierte Forscherdaten?

Redaktionsfoto der Wirtschaftsredaktion, Henrik Böhme (Foto: DW)
Henrik BöhmeBild: DW

Dummerweise sind unmittelbar vor Konferenzbeginn am Montag (07.12.2009) einige vertrauliche Daten britischer Klimaforscher an die Öffentlichkeit geraten, die den Eindruck erwecken, bestimmte Forschungsergebnisse seien manipuliert worden, um das Ausmaß des Klimawandels zu dramatisieren. Das ist natürlich Wasser auf die Mühlen der so genannten Klima-Skeptiker, die abstreiten, das der Mensch mit seinem Tun und Handeln verantwortlich dafür ist, dass sich die Erde erwärmt. Nur muss man wissen: Die Skeptiker sind in der Minderheit. Womöglich lässt sich in der Tat nicht genau vorhersagen, um wie viel Zentimeter der Meeresspiegel steigen wird. Aber spielt das wirklich eine Rolle? Egal, wie unterschiedlich die Rechenmodelle sind: Der Trend zeigt überall in die gleiche Richtung – wir müssen etwas tun. Nicht für uns, aber für die Generationen, die nach uns kommen.

Handeln im Sinne der Kindeskinder

Doch genau das ist es, was das Handeln derzeit lähmt. Dieses Denken an Übermorgen. Wenn gefeilscht wird um Geld und Gesetze, die unsere Budgets heute belasten. Wenn es darum geht, eine kohlenstoffarme Zukunft aufzubauen. Was bitte ist verwerflich daran, sich Gedanken darüber zu machen, sparsamer mit den begrenzten Ressourcen der Erde umzugehen? Wenn der letzte Baum gerodet ist, der letzte Tropfen Öl herausgequetscht – dann ist es zu spät. Wenn wir nur bis zu dem Punkt denken, der uns selbst betrifft – nicht aber unsere Kindeskinder.

Die Menschen, vor allem die in den Industrieländern, haben die Atmosphäre zu einer Müllhalde für ihren Wohlstand gemacht. Aber da oben gibt es schlicht nicht genug Platz für das ganze CO2, was wir dort ablagern. Also muss man eine Müllgebühr erheben. Kohlendioxid muss einen Preis bekommen, genau wie andere Güter. Ohne CO2 wäre die Erde unbewohnbar, weil das Gas eine Art Wärmespeicher ist. Doch zuviel davon heizt den Planeten unzulässig auf. Die Folgen tragen vor allem die, die nichts dafür können. Und so also geht es beim Kampf gegen den Klimawandel auch um mehr Gerechtigkeit.

Was spricht gegen einen fairen Deal?

Die Rollen sind klar verteilt: Die Industrieländer müssen für den Schaden aufkommen, den sie angerichtet haben. Das geht am schnellsten mit Geld und Technologien: Für die Länder, die jetzt dabei sind, Wohlstand für ihre Menschen zu schaffen. Sollen sie nicht dieselben Fehler machen wie die Industriestaaten, dann müssen diese ihnen dabei helfen. In Kopenhagen müsste ein Deal gelingen, der jedem Menschen auf dieser Erde, ob Inder, Russen, Deutschen oder Nigerianer das Recht zuspricht, eine bestimmte Menge CO2 zu verbrauchen. Das wird für die Verwöhnten schmerzlich. Aber es ist ja auch ein Problem, das die Weltgemeinschaft zuvor noch nie lösen musste.

Noch einmal die Frage: Was ist verwerflich daran, in Kopenhagen einen "grünen" Deal abzuschließen? Die Chance zu nutzen, die der Klimawandel zwingend bietet, umzusteuern auf ein neues, nachhaltiges Wirtschaftsmodell? Und dabei die mitzunehmen, die bislang zu den Verlierern gehören? Die Bekämpfung der Armut und der Schutz des Klimas sind die wichtigsten Probleme, die die Welt in diesem Jahrhundert zu lösen hat. Das eine wird ohne das andere nicht gehen.

Erfolg oder Flop – alles ist möglich

Unmittelbar vor dem Beginn der großen Konferenz gab es nun Zeichen, die mit aller gebotenen Vorsicht Anlass zu Optimismus geben: Die Hoffnung, dass am Ende der zwei Wochen von Kopenhagen doch ein belastbares Abkommen steht. Die geänderten Reisepläne von US-Präsident Barak Obama sind so ein Zeichen. Er wollte erst zu Beginn der Konferenz einen kurzen Zwischenstopp machen, jetzt aber kommt er zur Schlussphase der Konferenz. Auch Indiens Premier Manmohan Singh hat jetzt ein Ticket nach Dänemark. Obama, Singh, auch Chinas Premier Wen – sie alle und viele andere kommen nicht mit leeren Händen, sondern mit Zusagen.

Bislang waren Klimakonferenzen immer eine Sache der Umweltminister. Jetzt sitzen zum Finale über 100 Staatenlenker an einem Tisch: Sollten die sich nicht auf einen fairen Deal einigen, dann geht Kopenhagen als der größte politische Flop aller Zeiten in die Geschichtsbücher ein.

Autor: Henrik Böhme

Redaktion: Martin Schrader