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Contador bei Tour gedopt?

30. September 2010

Dem Radsport droht ein neuer spektakulärer Dopingfall: Tour-de-France-Sieger Alberto Contador ist bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt positiv auf Clenbuterol getestet worden. Der Spanier beteuert seine Unschuld.

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Alberto Contador bei der Siegerehrung einer Tour-de-France-Etappe 2010. Foto: AP
Hat Contador gedopt?Bild: AP

Das Clenbuterol könne nur über verunreinigtes Fleisch in seinen Körper gelangt sein, sagte Alberto Contador bei einer Pressekonferenz in seiner Heimatstadt Pinto nahe Madrid. Andere Fahrer hätten ebenfalls davon gegessen, seien aber nicht kontrolliert worden. Die bei ihm festgestellte Dosis der verbotenen Substanz sei extrem niedrig gewesen, so der 27-Jährige. Daher sei es ausgeschlossen, dass es sich um Doping handle.

In einer Dopingprobe des Spaniers von der diesjährigen Tour de France war das verbotene Asthma-Medikament nachgewiesen worden. Der Radsport-Weltverband UCI sperrte daraufhin den Tour-Gewinner von 2007, 2009 und 2010 vorläufig. Es seien weitere wissenschaftliche Untersuchungen nötig, teilte die UCI mit. Angeblich lag dem Weltverband das Ergebnis der positiven Probe bereits seit zwei Monaten vor. Contador hatte die Rundfahrt in diesem Jahr mit einem Vorsprung von nur 39 Sekunden vor dem Luxemburger Andy Schleck gewonnen.

Contador bei einer Bergabfahrt der Tour 2010. Foto: AP
Auch wenn der Vorsprung knapp war - Contador kontrollierte das Geschehen bei der Tour 2010Bild: AP

Es ist nicht das erste Mal, dass der Spanier mit Dopingvorwürfen konfrontiert wird. Auch im Skandal um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes, der für Radprofis wie Jan Ullrich Doping mit Eigenblut organisiert haben soll, fiel der Name Contador. In einer Kundendatei von Fuentes war zunächst das Kürzel A.C. aufgetaucht, das in einer überarbeiteten Version der Liste dann plötzlich fehlte.

Erinnerung an den Dopingfall Krabbe

Katrin Krabbe reißt nach ihrem Sieg bei der WM 1991 die Arme hoch. Foto: dpa
Clenbuterol-Sünderin KrabbeBild: dpa

In der öffentlichen Wahrnehmung gilt Clenbuterol eher als ein Dopingmittel von gestern. In den 1990er Jahren hatte es prominente Dopingfälle mit dem verbotenen Mittel gegeben. So bedeutete 1992 für die damalige 100- und 200-Meter-Sprintweltmeisterin Katrin Krabbe eine positive Clenbuterol-Probe das Karriere-Aus. Das Medikament gegen Asthma, das auch illegal in der Kälbermast eingesetzt wurde, sei aber nie ganz von der Doping-Bildfläche verschwunden, sagt der Kölner Doping-Analytiker Wilhelm Schänzer. 2009 habe es weltweit 67 Dopingfälle mit dem Mittel gegeben: "Clenbuterol ist eine Substanz, die nach wie vor gerade für Kraftsport und Bodybuilding extrem beworben wird."

Clenbuterol fördere den Muskelaufbau und die Fettverbrennung. Mit anderen Worten: Ein Radprofi wie Contador, der bei der Tour de France permanent am körperlichen Limit ist, könnte schlicht mehr leisten. Möglicherweise gebe es auch "gewisse psychische Effekte", so der Nürnberger Pharmakologe Fritz Sörgel, "das An-die-Grenzen-Gehen beispielsweise". Bei einer rasanten Bergabfahrt oder einem Sprint mit Haken und Ösen traut man sich also einfach mehr.

Clenbuterol über Nahrungsmittel?

Dopingexperte Wilhelm Schänzer. Foto: dpa-pa
Dopingexperte SchänzerBild: picture-alliance/ ZB

Einziges Problem: Ein Sportler, der Clenbuterol nimmt, läuft leicht Gefahr, enttarnt zu werden. "Selbst im Spurenbereich kann Clenbuterol über einen längeren Zeitraum sehr gut nachgewiesen werden", erklärt Wilhelm Schänzer. Dass die verbotene Substanz, wie von Contador behauptet, über belastete Nahrungsmittel in seinen Körper gelangt sei, hält Schänzer für denkbar, äußert sich aber zurückhaltend: "Wir haben vor gut zehn Jahren auch in Europa Skandale in der Tiermast mit Clenbuterol gehabt. In den letzten Jahren scheint das aber deutlich besser geworden zu sein. Deshalb war für uns Clenbuterol in Europa eigentlich kein Problem mehr. Aber das muss durch weitere wissenschaftliche Untersuchungen geklärt werden."

Gleiche Argumentation wie Ovtcharov

Portrait Ex-Tour-Sieger Bjarne Riis. Foto: AP
Riis: Das ist nicht lustigBild: AP

Kürzlich war auch der deutsche Tischtennis-Nationalspieler Dimitri Ovtcharov bei einer Kontrolle in China positiv auf Clenbuterol getestet worden. Auch Ovtcharov hatte seine Unschuld beteuert und auf möglicherweise verdorbene Lebensmittel verwiesen. "Da hat man dann den üblichen Verdacht gegen China ausgesprochen, man würde es nicht so ernst nehmen mit der Lebensmittelsicherheit" sagt Dopingexperte Fritz Sörgel. "Aber hier in Europa ist es natürlich schon ein bisschen schwerer, diese Ausrede zu benutzen."

Die sportliche Zukunft Contadors ist nun völlig offen. Der 27-Jährige hatte auf einen Start bei der zurzeit laufenden WM in Australien verzichtet und die Saison beendet. Für 2011 und 2012 hatte Contador einen Vertrag beim dänischen Team Saxo Bank unterschrieben, das vom früheren Tour-Sieger Bjarne Riis geleitet wird. "Ich brauche wohl nicht zu sagen, wie ich reagiert habe. Das ist nicht lustig", sagte der Däne zu der Nachricht über die positive Probe Contadors. Riis selbst hatte nach dem Karriere-Ende gestanden, dass er bei seinem Tour-Erfolg 1996 gedopt war.

Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Wolfgang van Kann