1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Trübe Aussichten

Katharina Kort11. April 2008

Finanzkrise, Inflation, kaum Wachstum - die italienischen Parlamentswahlen fallen in eine schwierige Zeit. Wer auch immer die Wahl gewinnt, braucht vor allem Mut zur Veränderung, meint Katharina Kort vom "Handelsblatt".

https://p.dw.com/p/DfOc
Bild: DW
Porträt Katharina Kort (Quelle: Katharina Kort)
Katharina Kort ist Italien-Korrespondentin der Wirtschaftszeitung "Handelsblatt"Bild: Katharina Kort

Am Sonntag (13.4.2008) und Montag wählen die Italiener ihr neues Parlament. Vor allem wirtschaftlich gesehen fällt die Wahl in eine dramatische Zeit: Die weltweite Finanzkrise wirft ihre Schatten nach Italien und hausgemachte Probleme erschweren die Lage: stagnierendes Wachstum, steigende Inflation, abnehmende Wettbewerbsfähigkeit.

Die beiden großen Widersacher heißen diesmal Silvio Berlusconi und Walter Veltroni. Berlusconi tritt zum fünften Mal mit der Alleanza Nazionale und der Regionalpartei Lega Nord mit dem Wahlbündnis "Popolo delle Libertà" (Volk der Freiheiten) an. Veltroni kandidiert für die neu gegründete Demokratische Partei (PD).

Teure Pasta, magere Gehälter

Der Berg an Problemen ist gewaltig: Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr mit 0,3 Prozent fast stagnieren wird und Italien damit das Schlusslicht der Eurozone bildet. Auch beim Ranking des Produktivitäts-Wachstums der OECD landet Italien auf dem letzten Platz der 30 Industrieländer.

Das alles bei steigenden Preisen für Pasta, Brot und Energie. Im März ist die Inflationsrate auf 3,3 Prozent gestiegen – den höchsten Wert seit zwölf Jahren. Viele Familien wissen nicht, wie sie mit ihren mageren Netto-Gehältern – nach Portugal den niedrigsten in West- und Südeuropa - zum Monatsende kommen sollen. Die niedrigen Geburtenraten und die rasant steigende Zahl der Rentner stellen die Politiker vor weitere Herausforderungen.

Kontrahenten mit ähnlichen Programmen


Und was bieten die Kandidaten als Lösungen an? Die Rezepte sind überraschend ähnlich. Beide versprechen vor allem Steuersenkungen: Berlusconi will die Steuer aufs Eigenheim ebenso abschaffen wie die auf Überstunden und 13. und 14. Gehälter. Veltroni will vor allem die Lohnsteuer senken und jene Unternehmen steuerlich begünstigen, die Frauen einstellen, um die niedrige Frauen-Erwerbsquote zu erhöhen.

Den Familien will Berlusconi mit Steuersenkungen für kinderreiche Familien helfen. Veltroni dagegen will einen jährlichen Bonus für Kinder einführen. Außerdem fordert Veltroni die Einführung eines Mindestlohns und eine Grundabsicherung für arme Familien. Die Finanzierung der Wahlversprechen ist bei beiden wenig solide.

Große Reformen bleiben aus

Walter Veltroni, Quelle: AP
Kandidat der Linken: Walter VeltroniBild: AP
Silvio Berlusconi, Quelle: AP
Der inzwischen 71-jährige Silvio BerlusconiBild: AP

Insgesamt sind die Lösungsvorschläge enttäuschend, die großen Reformen und Ideen bleiben aus. Dabei braucht das Land ein grundlegendes Umdenken. Noch immer bremsen alte Privilegien und Besitzstände das Land. Während die älteren Generationen auf sicheren Arbeitsplätzen oder schon im frühen Alter auf großzügigen Renten sitzen, haben vor allem die jungen Menschen das Nachsehen. Die großen Gewerkschaften vertreten mittlerweile mehr Rentner als aktiv Beschäftigte und haben mit ihrer Kontra-Haltung zum Desaster von Alitalia beigetragen. Italiens Manager kassieren trotz schwacher Ergebnisse Gehälter, die bei einem vielfachen der deutschen Top-Manager liegen.

Wenn Italien im internationalen Vergleich nicht noch weiter zurückfallen soll, sind große Reformen nötig. Aber für große Reformen braucht es große Mehrheiten. Und angesichts der vielen Parteien, die auch diesmal antreten, werden sich die Sieger wieder einmal mit Kleinstparteien verbünden müssen, die ihnen das Leben schwer machen werden. Oder sie entscheiden sich für eine Große Koalition. Das deutsche Vorbild ist unter italienischen Beobachtern auch angesichts der ähnlichen Wahlprogramme längst kein Tabu mehr. Die Frage ist nur: Kann ein Berlusconi oder auch ein Veltroni über den eigenen Schatten springen?