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Ein Comedian...

5. Juni 2010

In Islands Hauptstadt hat die "Beste Partei" bei den Kommunalwahlen einen Überraschungssieg errungen. Im DW-WORLD-Interview nennt Parteimitglied und Musiker Einar Orn Bendiktsson Gründe für diesen Wahlerfolg.

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Logo der "Besten Partei" (Foto: Besti flokkurinn)
Reykjavik hat gewählt - und zwar die "Beste Partei"

34,7 Prozent der Stimmen hat die "Beste Partei" bei den Kommunalwahlen erhalten - ein Erfolg für die Partei, die erst vor rund sechs Monaten gegründet wurde. Jon Gnarr Kristensson, der nun neuer Bürgermeister der Hauptstadt ist, ist ein Stand-Up-Comedian. Über den Erfolg bei der Wahl und das Programm für die nächsten Jahre hat die Deutsche Welle mit Pateimitglied Einar Orn Bendiktsson gesprochen.

DW-WORLD.DE: Wie haben Sie sich gefühlt, als klar war, dass Sie die Wahlen gewonnen haben?

Einar Orn Benediktsson: Unsere erste Reaktion war natürlich: Respekt für die Wähler, die realisiert haben, dass wir einen Wechsel brauchen. Wir hatten nach dem Bank-Crash im Oktober 2008 die Küchen-Revolution im Januar 2009 - da gab es Hoffnung, dass sich etwas ändern würde. Aber es änderte sich nichts, die Politiker haben keine Verantwortung übernommen, sie haben wichtige Gesetzgebungen verschlafen. Wir waren überwältigt von der Unterstützung, die wir bekommen haben. Wir haben verstanden, dass damit eine große Verantwortung verbunden ist.

Glauben Sie, dass Ihr Sieg nur ein Zeichen dafür ist, dass die Isländer die Nase voll haben von den Politikern ihres Landes?

Einar Orn Benediktsson (Foto: Eddi)
Vom Erfolg überwältigt: Einar Orn BenediktssonBild: Eddi

Ja, sie haben die Nase voll davon, dass niemand Verantwortung übernehmen will und dass viel zu langsam gehandelt wird. Die Menschen wollen etwas Neues. Und in unserer Politik versuchen wir, in Reykjavik eine neue Struktur einzuführen, so dass die Wähler mehr mitbestimmen können.

Aber ist der Spaß nicht ein wenig zu weit gegangen? Der neue Bürgermeister von Reykjavik ist ein Stand-Up-Comedian. Sie selbst haben in einer Band gespielt, die "Sugacubes" heißt. Sie haben keine politische Erfahrung.

Ich glaube, das ist ein Pluspunkt. Traditionelle Politiker sind heruntergekommen. Sie wissen nicht, wo sie hinwollen, sie haben keine neuen Ideen, sie reagieren nicht kreativ auf Situationen. Sie schotten sich ab, machen es sich bequem und hoffen, dass die Probleme vorübergehen. Dass Jon Gnarr Kristensson ein Stand-Up-Comedian ist - und er ist auch ein Schauspieler, er wurde voriges Jahr zu Islands bestem Schauspieler gewählt -, heißt: Er hat Talent. Ich habe kein Talent und verberge das auch nicht. Aber ich musste auch schon kritische Situationen meistern, und ich habe das erfolgreich gemacht. Ich habe Problemen immer ins Auge geschaut, ich bin immer optimistisch gewesen, und ich habe die Probleme gelöst.

Ihr Parteiprogramm versprach kostenlose Handtücher in Schwimmbädern und einen Eisbären für den Zoo. Was will Ihre Partei aber jetzt ernsthaft erreichen, wo sie an der Macht ist?

Jon Gnarr (Foto: Hordur Sveinsson)
Jon Gnarr von der "Besten Partei" hat es geschafftBild: Hordur Sveinsson

Eines unserer Haupt-Themen war: "Adoptieren Sie einen Obdachlosen!" Die Menschen haben gesagt, das sei ein furchtbarer und unmenschlicher Witz - aber das war es nicht. Warum kümmert sich niemand um die Obdachlosen? Das ist ein Fehler des Systems. Nachdem wir das erklärt haben, haben die Menschen gemerkt, dass wir Ironie und Witz benutzt haben, um auf Probleme aufmerksam zu machen. Und das war unser Haupt-Ziel.

Wie haben die professionellen Politiker auf Sie reagiert?

Sie haben sich genau angeschaut, wie sie sich verhalten haben. Und alle, das ist Teil unserer Gespräche, müssen nun schauen, wie sie sich verbessern können, indem sie auf die Einstellung der "Best Party" schauen. Denn es wurde oft Politik für die Parteien gemacht, nicht so sehr Politik für das Volk.

Glauben Sie, Sie können diesen Humor beibehalten, auch wenn es ernst wird?

Ja. Ich bin seit 30 Jahren aktiver Musiker. Ich bin kein Kind mehr, ich bin 47 Jahre alt - und ich lächele immer noch.

Das Interview führte Helen Seeney.
Adaption: Julia Kuckelkorn
Redaktion: Fabian Schmidt