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Transaktionssteuer kann kommen

Koch, Martin9. Oktober 2012

Beim Ringen um eine internationale Abgabe auf Geldgeschäfte ist möglicherweise ein Durchbruch erzielt worden: Elf EU-Länder wollen mitmachen, damit ist die erforderliche Menge von neun Teilnehmern übertroffen.

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Frankfurter Börse (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Deutschland und Frankreich waren schon lange für die Finanztransaktionssteuer, jetzt hatte ihr hartnäckiges Werben um weitere Teilnehmer Erfolg: auch Belgien, Österreich, Portugal, Slowenien, Griechenland, Italien, Spanien, die Slowakei und Estland signalisierten beim Treffen der EU-Finanzminister in Luxemburg ihre Bereitschaft, eine Abgabe auf Geldgeschäfte zu erheben.

Seit Monaten hatten die EU-Länder über den Vorschlag der EU-Kommission diskutiert, jeden einzelnen Handel fast aller Finanzprodukte mit einer Abgabe zu belegen. Eine Einigung war am vehementen Widerstand von Ländern wie Großbritannien und Schweden gescheitert, in denen der Euro nicht gilt. Während London Nachteile für die Finanzbranche in der Europäischen Union fürchtet, warnten die Schweden vor negativen Folgen für das europäische Wirtschaftswachstum.

EU-Finanzministertreffen in Luxemburg

Kleine Lösung, große Hürden

Die elf Vorreiter bei der Finanztransaktionssteuer müssen ihren Antrag nun von der EU-Kommission absegnen lassen, die aber bereits Zustimmung zu dieser "kleinen Lösung" signalisiert hat. Doch es gibt noch weitere große Hürden auf dem Weg, bis die Abgabe tatsächlich erhoben werden kann: Zum einen müssen sich die elf Länder auf die Details der Steuer einigen, zum anderen sind sie auf die Zustimmung einer sogenannten qualifizierten Mehrheit der anderen EU-Länder angewiesen. Im Rat der Europäischen Union bedeutet das mindestens 245 (von 355) Ja-Stimmen. Zusätzlich müssen die Befürworter mindestens 62% der Gesamtbevölkerung der Union repräsentieren und die einfache Mehrheit der übrigen Ratsmitglieder muss dem Gesetz zustimmen.

Zunächst wird EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta bis November eine Beschlussvorlage erarbeiten, bei optimalem Verlauf könnte die Steuer ab 2014 fließen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich zufrieden. Die Initiative von Deutschland und Frankreich habe Wirkung gezeigt. "Wenn Frankreich und Deutschland zusammen kooperieren, kommen wir immer auch in Europa insgesamt ein Stück voran. Die anderen warten ja auch darauf, dass wir es tun."

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta (Foto: GettyImages)
EU-Steuerkommissar SemetaBild: Getty Images

Was geschieht mit den Einnahmen?

Die Steuer könnte 0,1 Prozent auf den Handel mit Aktien und Anleihen betragen, für Geschäfte mit spekulativen Produkten wie etwa Derivaten sind 0,01 Prozent im Gespräch. Brüsseler Berechnungen zufolge kann die EU mit Einnahmen in Höhe von 57 Milliarden Euro rechnen.

Die Zwangsabgabe soll die Finanzbranche zu mehr Verantwortungsbewusstsein bewegen und sie an den Kosten der Wirtschaftskrise beteiligen. Auf diese Weise wollen sich die Regierungen einen Teil der Milliardenbeträge zurückholen, die sie während der vergangenen Jahre zur Sicherung des Bankensektors aufbringen mussten.

Nach Aussage von Finanz-Kommissar Semeta haben sich einige Mitgliedsländer verpflichtet, mit den Einnahmen aus der Finanzsteuer die Entwicklungshilfe zu finanzieren. Semeta selbst warb erneut dafür, einen Teil der Gelder in den EU-Haushalt fließen zu lassen. Der Betrag könne mit den Beitragszahlungen der Staaten verrechnet werden, so dass den Ländern keine Verluste entstünden, sagte er.

Schlupflöcher schließen, Kleinanleger schützen

Befürworter der neuen Abgabe auf Finanzgeschäfte sind der Ansicht, dass sich mit diesem Instrument Schlupflöcher in europäischen Steuersystemen schließen lassen. Allerdings müsse man darauf achten, dass Kleinanleger von der Abgabe nicht getroffen würden, sagte der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU). Ziel der Steuer sei es, kurzfristige spekulative Geschäfte zu verteuern und damit unrentabel zu machen.

mak/sti (dpa, afpd, rtr, epd)