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Transatlantischer Pragmatismus

4. Februar 2005

Verstärkte deutsch-amerikanische Zusammenarbeit: Dafür sprachen sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und die neue US-Außenministerin Condoleezza Rice bei einem Treffen in Berlin aus.

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Condoleezza Rice und Gerhard Schröder sind nett zueinanderBild: dpa


Schröder und Rice haben die Gemeinsamkeiten ihrer Regierungen bei der Lösung der Probleme im Irak, Iran und im Nahost-Konflikt betont. Der derzeitige Kurs der US-Regierung gegenüber dem Iran beeinträchtige die diplomatischen Bemühungen der EU 'überhaupt nicht', sagte Schröder am Freitag (4.2.) nach einem Treffen mit der neuen US-Chefdiplomatin in Berlin. Rice nannte die Haltung des Iran beunruhigend.

Weiterhin bot der Kanzler Rice ein verstärktes Engagement Deutschlands bei der Ausbildung von Polizisten und Militärkräften für den Irak an. Nach Ansicht von Rice könnte in den bilateralen Beziehungen ein 'neues Kapitel' aufgeschlagen werden.

"Bush steht auf Seiten der Demokraten"

Schröder betonte, beim Vorgehen der USA im Streit mit dem Iran befürchte er keine Schwächung der laufenden Verhandlungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens mit Teheran. Entsprechende Äußerungen von US-Präsident George W. Bush in seiner Rede zur Lage der Nation habe er so verstanden, dass Bush auf Seiten der Demokraten in der Welt stehe. Es gehe darum, welche Mittel zur Lösung des Konfliktes eingesetzt würden, sagte der Kanzler weiter.

Iran Atomanlage in Isfahan Uran
Umstrittene Atomanlage im IranBild: AP

Schröder betonte das Recht Teherans, Atomenergie 'zivil zu nutzen'. Es sei aber im Interesse der Staatengemeinschaft insgesamt, 'dass es zu keiner Verfügung über atomare Waffen kommt'. Deutschland werde zusammen mit Frankreich und Großbritannien alles daran setzen, um 'auf politischem und diplomatischem Wege zu einer Lösung zu kommen'.

"Beunruhigung für die Welt"

Das Verhalten der iranischen Führung sei 'eine Beunruhigung' für die Welt, sagte Rice. Sie forderte ein einheitliches internationales Vorgehen. Die Möglichkeit zur friedlichen Nutzung der Atomenergie dürfe vom Iran nicht dazu genutzt werden, Zugang zu Atomwaffen zu erhalten, betonte Rice. Teheran habe bislang nicht gezeigt, dass es seine internationalen Verpflichtungen einhalten wolle. Die Zusammenarbeit mit Berlin, Paris und London sei in dieser Frage 'hervorragend', sagte sie.

Rice hatte zuvor in London betont, die USA planten derzeit keinen Angriff auf den Iran. Ein Angriff stehe 'ganz einfach nicht auf der Tagesordnung', sagte sie nach einem Treffen mit ihrem britischen Kollegen Jack Straw. Washington wolle im Streit um das iranische Atomprogramm alle diplomatischen Mittel ausschöpfen.

Bush-Besuch mit symbolischer Bedeutung

Zu den deutschen Möglichkeiten beim Wiederaufbau Iraks sagte Schröder, Deutschland wolle die Ausbildung dieser Kräfte in den Vereinigten Arabischen Emiraten beibehalten und 'wenn gewünscht' ausbauen. Darüber hinaus sei Deutschland bereit, der irakischen Regierung seine Erfahrung beim Aufbau funktionierender Institutionen zur Verfügung zu stellen. Es gehe nun darum, dem Irak eine demokratische stabile Perspektive zu geben. Das gelte unabhängig von der Frage, wie der Irak-Krieg bewertet wurde. Deutschland sei bereit, mit anderen Nationen in Institutionen zusammenzuarbeiten, 'um Doppelarbeit zu vermeiden'.

Zum beiderseitigen Verhältnis sagte Rice, der am 23. Februar bevorstehende Besuch Bushs in Mainz eröffne die 'Möglichkeit, ein neues Kapitel der deutsch-amerikanischen Beziehungen aufzuschlagen'. Bush freue sich bereits auf die Visite. Auch Schröder äußerte seine Zufriedenheit über den geplanten Präsidentenbesuch. Das Treffen findet im Rahmen einer Europareise statt, der angesichts der durch den Irakkrieg belasteten transatlantischen Beziehungen hohe symbolische Bedeutung zugemessen wird.

Das Gespräch von Bush und Rice dauerte rund eine Stunde; ursprünglich war dafür die Hälfte angesetzt gewesen. Die US-Außenministerin wollte am Samstag nach Warschau und von dort nach Ankara weiterreisen. (wga)