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Trauer um Pina Bausch

1. Juli 2009

Nach dem Tod der international gefeierten Choreografin Pina Bausch herrscht in der Kulturszene tiefe Trauer. Die Erneuerin des Tanztheaters war am Dienstagmorgen im Alter von 68 Jahren an einem Krebsleiden gestorben.

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Choreografin Pina Bausch(Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/ dpa

Ikone, Visionärin, Avantgardistin - Pina Bausch hat wie keine andere Tanzgeschichte geschrieben. Für Kulturstaatsminister Bernd Neumann war sie eine "grandiose Erfinderin und visionäre Erneuerin". Sie habe eine "völlig neue Kunstform geschaffen", betonte Neumann noch am Dienstagabend. Daher könne heute ganz selbstverständlich vom Tanztheater gesprochen werden. Bundespräsident Horst Köhler hob Bauschs internationale Bedeutung hervor. Sie sei eine "herausragende Repräsentantin der Kulturnation Deutschland" gewesen, schrieb Köhler in einem Kondolenzbrief an Bauschs Sohn Rolf Salomon. "Die unzähligen Auszeichnungen, die ihr zuteil wurden, zeugen von ihrem großen Lebenswerk."

Ehrlichkeit als Gegengift zum traditionellen Ballett

Eine Tänzerin probt im Opernhaus in Wuppertal (Foto: dpa)
Entfremdung statt SchwanenseeromantikBild: AP

Rund 40 abendfüllende Werke hat Pina Bausch im Laufe ihrer Karriere auf die Bühne gebracht. Dafür wurde sie mit internationalen Auszeichungen und Preisen überhäuft. Als erste Frau erhielt sie im Jahr 2007 den mit 400.000 Euro dotierten Kyoto-Preis in der Kategorie Kunst und Philosophie für ihr Lebenswerk. Bereits seit den siebziger Jahren galt die Choreografin mit ihrem Wuppertaler Ensemble als eine der wichtigsten Vertreterinnen der neuen deutschen Tanzkunst. "Sie hat die ganze Tanzwelt mit ihren Werken regelrecht geschüttelt", sagte der Indentant des Hamburger Balletts, John Neumeier. "Es waren sehr offene, ehrliche Arbeiten und diese Art von Ehrlichkeit war wie ein Gegengift zum Manierismus des traditionellen Balletts."

Die 1940 in Solingen geborene Pina Bausch stand rund vier Jahrzehnte für anspruchsvolles, experimentelles Tanztheater. Wie niemand vor ihr hat sie die romantischen Liebesduette des klassischen Balletts zu realistischen Geschlechterkämpfen umfunktioniert. Denn die Menschen, ihr Alltag, das Lebens selbst waren die Vorlage für Bauschs Choreografien. Pina Bausch blickte tief in die Seelen der Menschen, machte Neurosen, Blockaden und Sehnsüchte zum Thema.

Beispiellose Karriere als Choreografin

Bauschs Tanztheater 1995 in Avignon (Foto: AP)
Bauschs Tanztheater 1995 in AvignonBild: AP

Schon mit 14 Jahren begann die Ausnahmekünstlerin 1955 an der Essener Folkwang Hochschule ein Tanzstudium bei Kurt Jooss, einem der damals führenden Tanzpioniere. Danach ging sie 1958 in die USA an die Juillard School of Music in New York. Nach der Rückkehr nach Deutschland 1962 begann ihre beispiellose Karriere. Sie wurde Solistin in dem von Jooss neu gegründeten Folkwang-Ballett, dessen Leitung sie 1969 übernahm und mit dem sie erste eigene Choreografien aufführte. 1973 wechselte Bausch als Direktorin an das neu gegründete Tanztheater Wuppertal, das sie bis zu ihrem Tod leitete. Noch am Sonntag vor einer Woche hatte Bausch mit ihrem Tanzensemble im Wuppertaler Opernhaus auf der Bühne gestanden.

Über den plötzlichen Tod der Choreografin, die erst vor fünf Tagen eine Krebsdiagnose erhalten hatte, zeigte sich Regisseur Wim Wenders besonders betroffen. "Ich bin untröstlich, dass wir unseren so lange geplanten gemeinsamen Film zu spät angegangen sind", sagte er. Der Regisseur wollte im September den Dreh mit Pina Bausch beginnen. Die Berliner Choreografin Sasha Waltz fasste ihre Trauer über die Kollegin in einem persönlichen Brief zusammen. "Du warst die wichtigste Bezugsperson für so viele Tänzer, Choreografen, Regisseure, Bildende Künstler", schrieb sie. "Ich versuche meinen Kindern zu erklären, wer du bist und kann nur sagen: Sie ist die Mutter des modernen Tanzes in Deutschland."

Autorin: Sabine Damaschke (mit Material von dpa, epd)

Redaktion: Sabine Oelze