Trend zum Spiel bleibt ungebrochen
23. Oktober 2010Die kleine Cordula tippt interessiert mit einem dicken gelben Stift auf das reich illustrierte Kinderbuch. In dem großformatigen Band sind verschiedene Szenen aus dem Leben auf einem Bauernhof zu sehen. Immer, wenn das sechsjährige Mädchen eine Stelle auf den Zeichnungen berührt, erzählt der Stift Wissenswertes über die angetippten Objekte oder lädt zum Spielen ein.
"Tiptoi" heißt die Kombination aus klassischem Buch und audio-digitalem Stift. Dabei handelt es sich um ein multimediales Lernsystem für Kinder, das die Vorteile von traditionellen Büchern und modernsten Software-Lösungen miteinander verbindet. Mit dem digitalen Stift können Kinder in speziell dafür vorbereiteten Büchern und Spielen auf Entdeckungsreise gehen und ganze Welten erkunden, erklärt der Sprecher des Ravensburger Verlages Heinrich Hüntelmann. "Immer passiert irgendetwas, und ich kann dann auch wählen, ob ich mir was anschauen oder anhören möchte. Hier bekomme ich Wissen genauer erklärt, da kann ich ein kleines Spiel machen - und so habe ich die unterschiedlichsten Möglichkeiten, Wissen zu entdecken."
Brettspiele haben weiterhin gute Karten
Für Freunde moderner Technologien gibt es auf der diesjährigen Messe "Spiel '10"einiges zu entdecken: sprechende Tiere, die helfen, Diebe zu fassen. Oder: elektronisch vernetzte Buchstabenwürfel. Eine der spektakulärsten Neuheiten ist ein Spiel des Kosmos-Verlages. Dabei wird - laut Hersteller - ein kleiner Ball mittels Gehirnwellen bewegt und gesteuert. Er muss durch ein Hindernislabyrint befördert werden.
Tatsächlich zeige die diesjährige Messe, dass immer mehr Spiele-Verlage mit modernen Technologien experimentieren, sagt Dominique Metzler vom Merzverlag. Aber die überwiegende Mehrheit der über 650 vorgestellten Neuheiten seien immer noch klassische Brett- und Kartenspiele. Und das werde nach Ansicht von Metzler auch in den nächsten Jahren so bleiben. Denn das Schöne an Gesellschaftsspielen sei ja, dass sie auch ganz unabhängig von technologischem Schnick-Schnack für unvergessliche Momente sorgen. Und dafür hat Metzler auch gleich ein Beispiel parat: Sie habe vor etwa einem Jahr eine Gruppe von neuen Bekannten zum Abendessen eingeladen. "Irgendwann habe ich dann mal gesagt: wollen wir nicht eine Runde spielen? Das hat dann so geendet, ich musste die dann um sieben Uhr morgens nach Hause scheuchen. Und die Gruppe erinnert sich heute noch daran. Immer wieder höre ich: das war so eine schöne Nacht."
Inzwischen ist auch Cordula mit ihrem gelben Stift voll bei Sache und achtet überhaupt nicht mehr auf den Trubel in der Messehalle. Sie ist ganz und gar in die Erlebniswelt des Tiptoi eingetaucht. Sie weiß schon, was die etwa 150.000 Besucher bis zum Sonntag (24.10.2010) auf der diesjährigen Spielemesse in Essen erst noch sehen werden: auch im Digitalzeitalter heißt es für die traditionelle Spielebranche noch lange nicht "game over".
Autor: Adam de Nisau
Redaktion: Hartmut Lüning