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Trennung im Streit

3. Dezember 2003

Zum Abschluss ihres Treffens in Maastricht konnten sich die 55 OSZE-Mitgliedsstaaten zum ersten Mal seit drei Jahren nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigen. Grund: Russlands Haltung zum Konflikt in Georgien.

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Kritik an Russland: US-Außenminister Powell beim OSZE-GipfelBild: AP

Bei seiner Rede vor der OSZE-Konferenz in Maastricht am Dienstag (2.11.2003) warnte US-Außenminister Colin Powell die Regierung in Moskau vor den Folgen, falls die 1999 abgegebenen Zusagen über den Rückzug russischer Soldaten aus den früheren sowjetischen Republiken nicht eingehalten werden. "Russlands Erfüllung seiner Zusagen von Istanbul ist eine Voraussetzung dafür, dass wir mit der Ratifizierung des Vertrags über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) voran kommen", sagte er.

Die USA seien weiter für diesen Vertrag und wünschten, dass er in Kraft treten könne. Auf dem OSZE-Gipfel in Istanbul 1999 hatte sich Russland verpflichtet, seine rund 2.500 Soldaten aus Moldawien zurückzuziehen und die Truppenstärke in Georgien stark zu reduzieren. Auf beide Maßnahmen warten internationale Beobachter bislang vergeblich.

Vorwürfe an Russland

Seit der friedlichen Revolution in Tiflis im November gilt die politische Situation in Georgien als instabil. Diese Schwäche will die russische Führung offenbar nutzen. Auf der OSZE-Konferenz in Maastricht warf Übergangspräsidentin Nino Burdschanadse Russland vor, sich in innere Angelegenheiten der Kaukasus-Republik einzumischen. Russische Vertreter hatten demnach in der vergangenen Woche mehrere Gespräche mit Politikern in Georgien und ehemaligen georgischen Regionen geführt. An die Adresse der politischen Führung in Moskau sagte Burdschanadse: "Unsere russischen Kollegen sollten verstehen, dass jede Handlung, die die staatliche Eigenständigkeit und territoriale Unversehrtheit Georgiens gefährdet, alle positiven Signale zerstört und eine vermeidbare Konfrontation heraufbeschwört."

Russische Interessen spalten OSZE

Ein Verlust des politischen Einflusses wäre für Russland unter geostrategischen Aspekten betrachtet ungünstig. Aus diesem Grund hält sie an ihren Militärstützpunkten in Batumi am Schwarzen Meer und in Achalkalaki fest. Darüber hinaus unterstützt Moskau die georgischen Separatisten-Republiken Abchasien und Süd-Ossetien sowie die autonome Republik Adscharien an der türkischen Grenze.

Genau diese Politik führte nun zur Spaltung der OSZE-Staaten. Die Kluft wurde in der Abschlusserklärung des amtierenden Ratsvorsitzende und niederländischen Außenministers Jaap de Hoop Scheffer deutlich. Die meisten Minister unterstützten die territoriale Integrität Georgiens und befürworteten eine internationale Friedenstruppe für Moldawien, sagte er. Der stellvertretende russische Außenminister Wladimir Tschischow erwiderte prompt, seine Regierung fühle sich den Forderungen nicht verpflichtet.

Unterstützung aus Washington

Auch die USA verfolgen ihre Interessen in Georgien. Wegen der reichen Rohstoffvorkommen und vor allem wegen einer geplanten Ölpipeline durch die Kaukasusrepublik, die ab 2005 Aserbaidschan mit der Türkei und damit mit dem Westen verbinden soll, ist den USA an einem stabilen, Washington-freundlichen Georgien gelegen. Seit 1994 pumpten sie 1,5 Milliarden Dollar Aufbauhilfe in das Land und schickten US-Marines, um eine schlagkräftige georgische Elitetruppe auszubilden.

Mitarbeiter der UNO und deutsche Militärbeobachter im Krisengebiet fürchten sogar, dass Präsidentschaftskandidat Michail Saakaschwili nach seiner Wahl die abtrünnigen Republiken, allen voran Abchasien, zurückzuerobern könnte. Nach Aussagen der Militärbeobachter fliegen die USA seit Februar Aufklärungseinsätze mit ihrem Spähflugzeug U-2 entlang des Kaukasus.

Drohungen aus Moskau

Russland sieht seine Interessen bedroht, sollte ein Politiker wie Saakaschwili ans Ruder kommen. Moskauer Medien berichten sogar er sei "psychisch labil". Der ehemalige Justizminister Georgiens war erst 1995 aus den USA nach Tiflis zurückgekehrt und gilt aufgrund seines Jura-Studiums in New York und Washington als US-geprägter Politiker. Am Rande der OSZE-Konferenz hat US-Außenminister Powell der georgischen Interims-Präsidentin Burdschanadse die Unterstützung und Solidarität der USA zugesichert.
Die wird die neuformierte Regierung auch brauchen, denn Wladimir Putins Kommentar zum Machtwechsel in Georgien darf als unverhohlene Drohung in Richtung Washington und Tiflis verstanden werden: "Wer solche Aktionen organisiert und ermutigt, übernimmt eine große Verantwortung gegenüber Georgien." (jk)