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Regierungswechsel?

22. Februar 2007

Nach dem Rücktritt der italienischen Regierung ist die Neuauflage eines Kabinetts unter Führung von Romano Prodi denkbar. Italiens Präsident Napolitano will heute mit Spitzenpolitikern Auswege aus der Krise suchen.

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Demonstranten fordern Rücktritt von Romano Prodi
Der Wunsch der Opposition ging in ErfüllungBild: AP

Berater des zurückgetretenen italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi haben am Mittwochabend (21.2.07) angedeutet, dass Staatspräsident Giorgio Napolitano den 69-jährigen Prodi erneut mit der Regierungsbildung beauftragen könnte. Napolitano setzte für den Donnerstag politische Konsultationen mit den Parteivorsitzenden und führenden Abgeordneten beider Parlamentskammern an. Dario Franceschini vom Mitte-links-Bündnis Olivenbaum kündigte weitere Unterstützung für Prodi an: "Wir sind bereit, unser volles Vertrauen in Prodi zu bestätigen."

Quorum verfehlt

Italiens Ministerpräsident Romano Prodi, Foto: AP
Noch gar nicht so lange her: Romano Prodi in SiegerstimmungBild: AP

Nach einer schweren Niederlage im römischen Senat hatte Prodi dem Staatspräsidenten am Mittwoch seinen Rücktritt angeboten. Bei einer Abstimmung über die künftigen außenpolitischen Grundlinien des Kabinetts erhielt die Mitte-links-Koalition lediglich 158 Stimmen und verfehlte damit das notwendige Quorum von 160 Stimmen.

Außenminister Massimo D'Alema hatte schon vor der Abstimmung angekündigt, die Koalition werde im Falle einer Niederlage möglicherweise zurücktreten. Er bat vor allem um Unterstützung für die weitere Finanzierung der Mission in Afghanistan - ein Punkt, bei dem es seit Wochen Streit vor allem mit dem linksradikalen Flügel der Koalition gibt. Da es sich nicht um eine Vertrauensabstimmung gehandelt hatte, hätte Prodi nicht zwingend die Konsequenzen ziehen müssen.

Berlusconi hat "ethische" Bedenken

Das sah die Opposition allerdings anders: "Es gibt keine Mehrheit mehr. Die Prodi-Regierung existiert nicht mehr", sagte Renato Schifani von der Partei Forza Italia des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi nach der Stimmenauszählung. Auch Berlusconi hatte den "sofortigen" Rücktritt seines Nachfolgers gefordert. Aus ethischen und verfassungmäßigen Gründen müsse der Regierungschef sein Amt zur Verfügung stellen, sagte Berlusconi am Mittwoch.

Beobachter in Rom sprachen von der schwersten Krise, seit Prodi im Mai 2006 an die Regierung kam. Vor dem Regierungssitz hatten sich spontan zahlreiche rechte Demonstranten versammelt, die Prodi zum sofortigen Rücktritt aufforderten. "Prodi Go Home", war auf einem Spruchband zu lesen.

Demonstrationen am Wochenende

Zuletzt hatten die Erweiterungspläne für den US-Stützpunkt in Vicenza für öffentliche Proteste gesorgt, zehntausende Italiener hatten am Wochenende gegen die Pläne demonstriert. Prodi hatte dennoch erklärt, dass die Regierung an ihrer Zustimmung zu dem Ausbau festhalten werde. Der Stützpunkt der 173. Luftlande-Brigade soll auf die doppelte Größe erweitert werden, damit der Großverband in Italien zusammengelegt und von 2750 auf 4500 Soldaten aufgestockt werden kann.

Silvio Berlusconi, Foto: AP
Freut sich: Der ehemalige Gegenkandidat BerlusconiBild: AP

Auch wegen der Mission in Afghanistan war der Druck auf den Regierungschef in den letzten Wochen gewachsen. Vor allem die Postkommunisten sind strikt gegen eine weitere Stationierung der italienischen Soldaten und wollen die Weichen für einen Truppenabzug stellen. Mehrere Senatoren aus den Reihen der kommunistischen Partei enthielten sich bei der Abstimmung. "Diejenigen, die das schuld sind, müssen jetzt die Verantwortung auf sich nehmen. Wir werden nun über die nächsten Schritte beraten", sagte Familienministerin Rosy Bindi.

Nach dem Votum kam es im Palazzo Madama - dem Sitz des Senats - zu tumultartigen Szenen. Oppositionspolitiker von Berlusconis Mitte-rechts-Bündnis skandierten immer wieder lautstark: "Rücktritt! Rücktritt!" Im Senat verfügt das Bündnis nur über eine hauchdünne Mehrheit. Um Mehrheiten zu erreichen, hatte Prodi bereits in den vergangenen Monaten mehrfach Abstimmungen über Gesetze mit einer Vertrauensfrage verbunden. Dabei kamen ihm zumeist auch mehrere Senatoren auf Lebenszeit zur Hilfe. (ina/stu)