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Immunologe: Zika wird sich weiter ausbreiten

3. August 2016

US-Gesundheitsbehörden raten Schwangeren, Zika-Gefährdungsgebiete in Florida zu meiden. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit erwartet, dass sich das Virus sogar noch weiter verbreiten wird, warnt aber vor Hysterie.

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Florida Maßnahmen gegen ZIKA Virus (Foto: Getty Images/J. Raedle)
Arbeiter in Florida bekämpfen Mücken mit InsektizidenBild: Getty Images/J. Raedle

Deutsche Welle: Das US-Zentrum für Krankheitsbekämpfung (CDC) hat eine Warnung an schwangere Frauen in Florida ausgesprochen, bestimmte Orte zu meiden, an denen das Zika-Virus aufgetreten ist. Herr Schmidt-Chanasit, wie ernst ist die Lage?

Jonas Schmidt-Chanasit: Wir haben das erwartet: Gerade Miami ist ein Hub für die Region, für Zentral- und Südamerika. Insofern war es nur eine Frage der Zeit, bis das Zika-Virus auch in Miami und Florida ankommt. Das Virus wird sich jetzt in den südlichen Bundesstaaten der USA weiter ausbreiten, vielleicht in Louisiana und dort, wo es von den Temperaturen her für die Überträgermücke günstig ist und sie vorkommt.

Wie viele Fälle sind schon bekannt?

Jonas Schmidt-Chanasit Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (Foto: BNI)
Jonas Schmidt-Chanasit hat die Ausbreitung des Virus in die USA "nicht überrascht"Bild: Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Es sind noch wenige, nicht mehr als zwanzig. Das kann sich aber schlagartig ändern. Die Mehrzahl der Betroffenen merkt ihre Infektion ja gar nicht. Es kann also durchaus sein, dass es schon hunderte von Infektionen gegeben hat, die man aber nicht registriert hat, weil sie keine Symptome gezeigt haben.

Hätte man mehr machen können, um es zu verhindern?

Nein, so etwas kann man nicht aufhalten. Man hätte allen Reisenden aus Mexiko, Puerto Rico und Brasilien die Einreise verweigern müssen. Denn so ist das Virus importiert worden: über einen Reisenden, der nicht gewusst hat, dass er infiziert ist, weil er keine Symptome gezeigt hat. Und der ist dann in Miami von Stechmücken gestochen worden. So ist das Virus dort in die Stechmückenpopulation gelangt. Dagegen kann man gar nichts machen.

Und was kann man jetzt unternehmen?

Man kann nur reagieren und diese Stechmücken bekämpfen. Das ist sehr aufwendig und teuer, ist aber auch das einzige, was man machen kann, weil man ja bisher noch keinen Impfstoff und keine Medikamente hat. Man muss auch Schwangeren empfehlen, diese Region zu meiden.

Hat man denn schon Mücken gefangen, in denen Zika nachweisbar war?

In Florida noch nicht. Aber man geht ganz stark davon aus, dass die Gelbfiebermücke und die Asiatische Tigermücke das Virus in Florida übertragen.

Das CDC rät Frauen dort ab, gerade jetzt schwanger zu werden. Was ist Ihre Meinung dazu?

Das ist gerechtfertigt. Schwangere haben gerade in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft ein Risiko, dass die ungeborenen Kinder eine Mikrozephalie entwickeln. Insofern ist der Reisehinweis und der Hinweis des CDC gerechtfertigt, dass Frauen ihre Familienplanung jetzt erst mal verschieben sollten.

Kann es zu einem langfristigen Gesundheitsproblem werden?

Es gibt keinen Grund zur Hysterie. Niemand muss sich Sorgen machen. Selbst wenn es zu einem kurzfristigen Anstieg der Zika-Fälle kommen sollte, wird der in wenigen Monaten auch wieder vorbei sein.

Rick Scott Gouverneur von Florida bei einer Pressekonferenz zum ZIKA Virus (Foto: Picture alliance/ AFP/ T. Lush)
Gouverneur Rick Scott hat Schwangeren empfohlen, Miami nach Möglichkeit zu meidenBild: picture-alliance/AP Photo/T. Lush

...weil dann der Sommer vorbei ist?

Das kann auch einen Einfluss haben. Aber der eigentliche Grund ist, dass dann viele Leute die Infektion durchgemacht und Antikörper gebildet haben. Dann haben die Menschen Schutz vor dieser Infektion. Das ist genau die Situation, die wir in Brasilien vorfinden. Dort haben jetzt 50 bis 60 Prozent der Menschen Antikörper, weil sie die Infektion durchgemacht haben - und dann ist der Ausbruch vorbei. Die Menschen sind dann lebenslang immun.

Das Interview führte Gabriel Borrud.

Der Immunologe und Virologe Dr. Jonas Schmidt-Chanasit leitet am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg eine Arbeitsgruppe für Viren, die durch Gliederfüßler - etwa Insekten - übertragen werden.