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Trump gegen die Wirtschaft

9. Februar 2017

Airbnb, Microsoft, Uber: Wenige Wochen nach seinem Amtsantritt hat US-Präsident Donald Trump schon etliche Wirtschaftsgrößen gegen sich aufgebracht. Wer sind seine Gegner und was können sie bewirken?

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Microsoft
Bild: picture-alliance/dpa/M. Balk

Wieviel Macht hat Amerikas Wirtschaft auf die Politik? Selten war die Frage so akut  - denn Trumps Amtsantritt hat auch die US-amerikanische Wirtschaft entzweit. Auf der einen Seite stehen die alten produzierenden Industrien, die sich nun wieder im Aufwind wähnen und die neu gewählte Regierung unterstützen. Auf der anderen Seite widersetzen sich die Tech-Unternehmen im vormals eher unpolitischen Silicon Valley vor allem Trumps Einwanderungspolitik. Doch es treten auch neue Akteure auf die Bildfläche, wie etwa der Arbeitnehmer oder Kunde - der mit Streiks oder Einkaufsboykotts Trumps Regierung einen Denkzettel verpassen will. Ein Überblick über Trumps derzeitige Wirtschaftsgegner im eigenen Land:

Airbnb will Flüchtlinge unterstützen

Wer schon einmal über Airbnb ein Zimmer gebucht hat, dürfte sich in den vergangenen Tagen gewundert haben: Die Zimmer- und Apartmentvermittlung verschickte an ihre Nutzer eine Mail, die sich deutlich von den üblichen Ankündigungen abhob. Unter dem Titel #Weaccept rief das Unternehmen für Hilfe für Wohnungslose auf: "Heute setzen wir uns ganz bewusst das Ziel, in den nächsten fünf Jahren für 100.000 Menschen in Not eine vorübergehende Bleibe zu finden. Wir werden den Anfang damit machen, Flüchtlinge und Überlebende von Naturkatastrophen sowie Katastrophenhelfer unterzubringen. Langfristig möchten wir aber auch Menschen, die ihr Zuhause aufgrund anderer Notlagen verloren haben, unterstützen."

Bildergalerie Millionäre | Brian Chesky
Brian Chesky, CEO von Airbnb, stellt sich gegen Trump Bild: imago/ZUMA Press

Schon während des Super Bowls, dem medienwirksamsten sportlichen Großereignis in den USA, hatte Airbnb mit einem ungewöhnlichen TV-Spot für mehr Toleranz geworben. "Egal wer du bist, woher du kommst, wen du liebst oder anbetest, wir gehören alle dazu. Die Welt ist umso schöner, je mehr wir das akzeptieren." Beim Kurzmitteilungsdienst Twitter kündigte Airbnb-Gründer Brian Chesky zudem an, sein Unternehmen werde in den kommenden vier Jahren insgesamt vier Millionen Dollar (3,7 Millionen Euro) an die Flüchtlingshilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) spenden. Viele Medien interpretieren diese Schritte des Portals als eindeutige Kritik an Donald Trumps Einwanderungspolitik. 

High-Tech-Giganten laufen Sturm

Die Chefs der High-Tech-Branche hatten sich schon während des Wahlkampfs eher gegen Donald Trump ausgesprochen. Nun - rund drei Wochen nach Trumps Amtsantritt - stellen sich etliche Internetgiganten aus dem Silicon Valley ganz offen gegen Trumps Einwanderungspolitik. 130 bekannte Marken haben sich zusammen getan, darunter Apple, Facebook, Microsoft, Google und Uber, und unterstützen den Rechtsstreit gegen Trumps Dekret. Es verletze die Einwanderungsgesetze und die Verfassung, heißt es. Im Google-Hauptquartier im kalifornischen Mountain View protestierten kürzlich rund 1000 Mitarbeiter ganz klassisch gegen Trumps Einreisestopp. Auf ihren Plakaten: "Ein Google, eine Welt" und "Tech kennt keine Mauer". Die meisten großen Firmen bieten betroffenen Mitarbeitern Rechtsbeistand an. Doch vor allem junge Startups stellt die Visa-Unsicherheit vor existenzielle Probleme.

USA Silicon Valley in Kalifornien - Luftaufnahmen
Im Silicon Valley regt sich Widerstand Bild: Reuters/N. Berger

Für den Wirtschaftsexperten Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), war der Widerstand absehbar. "Google oder Microsoft beschränken ihr Geschäftsfeld ja nicht auf die Vereinigten Staaten, sondern sie sind gerade deshalb erfolgreich, weil sie ihre Produkte weltweit anbieten können und zugleich auf den Talentaustausch angewiesen sind", sagt er im Gespräch mit der DW. Doch viel Wirkung verspricht er sich nicht davon: "Silicon Valley hat vermutlich nur einen geringen Einfluss, weil es gerade nicht die Wählerschaft repräsentiert, für die Donald Trump angetreten ist. Er wird sich viel stärker an den Interessen orientieren, die aus der traditionellen Industrie kommen, denn dort sieht er seine Wählerschaft."

Wirtschaftsberater im Zwiespalt 

Eigentlich wollten sie den Präsidenten mit ihrer Wirtschaftsexpertise unterstützen - doch nun sind auch aus Trumps Beratergremium zwei Unternehmen aus Protest ausgestiegen. Kara Goldin, Gründerin und Vorstandsvorsitzende von Hint, einem Hersteller von Wasser mit Fruchtaromen, schmiss vor wenigen Tagen das Handtuch. In einer Mail an ihre Mitarbeiter schrieb sie: "Ich glaube, dass wir jetzt einen Präsidenten haben, der kein Interesse an Ratschlägen hat, der Macht um ihrer selbst willen verfolgt und der keinerlei Absichten hat, echte Probleme zu lösen." Sie fühle sich verpflichtet, sich vom "Sexismus, Rassismus, Protektionismus und Hass" des Präsidenten zu distanzieren.

Leiter des Prognosezentrums am Kieler Institut für Weltwirtschaft Stefan Kooths
Experte Kooths: "Nicht seine Wählerschaft" Bild: IfW/D. Wolcke

Erst in der Woche davor hatte Travis Kalanick, der Vorstandsvorsitzende des Fahrdienstes Uber, das Gremium verlassen. Andere Top-Manger, wie zum Beispiel Elon Musk, Vorstandsvorsitzender des Elektroautoherstellers Tesla, blieben trotz Kritik im Gremium. "Diesen Spagat kann man von außen nur sehr schwer beurteilen", sagt Wirtschaftsexperte Kooths. "Man sollte niemanden unter Generalverdacht stellen, der sich diesen Runden zur Verfügung stellt." Manch einer wolle damit auch Schlimmeres verhindern. 

Händlerboykotts verärgern Trump

Auch an den Ladentischen tut sich was: Die Kaufhauskette Nordstrom nahm die Modekollektion von Tochter Ivanka aus dem Sortiment. Die Entscheidung wurde mit schlechten Verkaufszahlen begründet. Doch zuvor hatten Trump-Gegner unter dem Hashtag #Grabyourwallet ("Nimm deinen Geldbeutel") zum Boykott von Produkten aufgerufen, die von der Trump-Familie vertrieben werden. Donald Trump machte seinem Unmut auf Twitter Luft und nutzte dafür auch seinen Präsidentenaccount - was ihm wieder heftige Kritik einbrachte. 

Generalstreik soll Wirtschaft lahm legen

Unter dem Hashtag #NationalStrike sind auch die Arbeitnehmer zum Boykott aufgerufen. Trump-Gegner sollen an vorher festgelegten Tagen ihre Arbeit niederlegen und so das öffentliche Leben zum Stillstand bringen. Zu den Initiatoren gehört unter anderem die Schriftstellerin Francine Prose, die auch den "Women's March" am Tag nach Trumps Amtseinführung mit ins Leben gerufen hatte. Die Straßenproteste gegen die Trump-Regierung seien zwar beeindruckend gewesen, aber würden eventuell wenig bewirken, schrieb sie im britischen "Guardian". "Das Problem ist, dass sie zu leicht ignoriert und vergessen werden können." Eine Arbeitsniederlegung sei deutlich wirkungsvoller.

Der Streik wendet sich gegen nahezu alles, was Trump in den ersten Wochen seiner Präsidentschaft erlassen hat: Gegen Einreiseverbote, die geplante Mauer zwischen den USA und Mexiko, die Streichung von Obamacare. Zudem wollen die Streikenden gerechtere Löhne fordern. Generalstreiks haben in den USA bereits Tradition. Vor allem zu Beginn der Industrialisierung legten Eisenbahnen und Hafenarbeiter ihre Arbeit nieder. Doch inzwischen sind die Gewerkschaften in den USA so geschwächt, dass maximal zehn Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gewerkschaftlich organisiert sind. Wirtschaftsexperte Kooths sieht wenig Chancen für einen wirkungsvollen Streik: "Es würde mich sehr wundern, wenn es dazu käme. Es geht den Amerikanern auch nicht schlecht - deswegen wird die Bereitschaft vermutlich gering sein."

Stephanie Höppner Autorin und Redakteurin für Politik und Gesellschaft