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Politik

Trump-Show macht Halt in Belgien

24. Mai 2017

Roter Teppich und rosa "pussy hats" liegen für US-Präsident Trump bereit. Der mächtigste Mann der Welt wird in Brüssel erwartet - von Demonstranten mit Wollmützen und Regierungschefs der NATO. Bernd Riegert aus Brüssel.

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Belgien Brüssel Königsschloss
Roter Teppich (im Aufbau) für Trump. Der König gibt sich die Ehre im Schloss zu BrüsselBild: picture-alliance/dpa

Als Präsidentschaftskandidat hatte Donald Trump keine gute Meinung von Brüssel. Er sei vor 20 Jahren in der Stadt gewesen. "Eine sehr schöne Stadt, aber jetzt ist es, als würde man in einem Höllenloch wohnen", sagte Trump in einem Fernsehinterview im Januar 2016. Damit wollte der fremdenfeindliche Populist die Gefahren beschreiben, die seiner Meinung nach durch vielen muslimische Migranten entstanden seien.

Nach den islamistischen Terroranschlägen im März 2016 setzte der heutige Präsident noch einen drauf. Dem Fernsehsender NBC sagte er am 23. März: "Belgien ist nicht mehr länger Belgien. Belgien ist eine Horror Show! Das passiert alles, weil es keine Assimilierung gibt. Sie wollen nicht die Gesetze, die wir haben. Sie wollen die Scharia. Man fragt sich an einem gewissen Punkt, wie viel kann man davon ertragen?"

König, EU und NATO auf der Besucherliste

Nun wird Präsident Donald Trump das "Höllenloch" besuchen, weil Brüssel Sitz der Verteidigungsallianz NATO und der Europäischen Union ist. Ob er nach seinem kurzen Besuch von 36 Stunden seine Meinung ändern wird, ist ungewiss. Von Brüssel selbst bekommt er wegen der extremen Sicherheitsvorkehrungen sowieso nicht viel zu sehen. Anders als sein Vorgänger Barack Obama übernachtet Donald Trump mit seiner Frau Melania nicht in einem Brüsseler Hotel, sondern in der amerikanischen Botschaft. Die ist nur wenige hundert Meter vom Königspalast und der Europäischen Union entfernt. Der ganze Bereich wird weiträumig abgeriegelt.

Im Palast wird Trump den König der Belgier zu einem Höflichkeitsbesuch treffen. Im Gebäude des Rates der Europäischen Union erwarten ihn Ratspräsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu einem etwa 30 Minuten langen Meinungsaustausch. Das Gipfeltreffen mit den 27 verbündeten NATO-Staaten findet im neuen Hauptquartier der Allianz im Vorort Evere statt. Auch hier wird Trump wegen der höchsten Sicherheitsstufe kaum auf Brüsseler Bürger oder sonstige Belgier treffen. Straßen werden weiträumig gesperrt. U-Bahnen und Straßenbahnen umgeleitet. Selbst der Flugverkehr zum nahe gelegenen internationalen Flughafen Zaventem wird eingeschränkt. Die Einflugschneisen wurden verlegt.

U.S. Präsident Trump und NATO-Generalsekretär bei der Pressekonferenz am Weißen Haus
Im April noch zögerlich: NATO-Chef Stoltenberg (li.) traf Präsident Trump in WashingtonBild: Reuters/J. Ernst

Maximale Sicherheit

Der Brüsseler Bürgermeister Yvan Mayeur sagte am Dienstag, rund 4000 zusätzliche Polizisten seien an den beiden Trump-Besuchstagen im Einsatz. Mit einem Terroranschlag werde immer gerechnet. Es gelte die höchste Sicherheitsstufe. "Mehr kann man nicht mehr tun", so Mayeur. Deshalb wurde das Sicherheitskonzept nach dem jüngsten Anschlag im britischen Manchester auch nicht mehr verschärft oder verändert, sagte der belgische Innenminister Jan Jambon. "Wir müssen extrem wachsam bleiben", so Jambon im belgischen Radiosender RTBF. Das Terror-Warnzentrum Belgiens habe die Lage im Griff.

Ein öffentlicher Auftritt Trumps ist nicht vorgesehen. Sein Vorgänger Obama hatte bei seinem letzten Besuch noch eine Rede in einem Theater gehalten. Auch gegenüber der Presse wird sich der neue amerikanische Präsident äußerst wortkarg geben. Eine richtige Pressekonferenz, bei der etwa Fragen zu seinen innenpolitischen Schwierigkeiten rund um den Rauswurf des FBI-Direktors James Comey gestellt werden könnten, ist nicht vorgesehen.

Gegensätze treffen aufeinander

EU-Diplomaten zeigten sich vor dem Besuch des eher unberechenbaren Gastes etwas nervös. Wie wird dieser zum Beispiel auf die überschwänglich herzliche Art des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker reagieren, der jeden umarmt und herzt, den er in die Finger bekommt? Politisch könnten Juncker und Trump allerdings kaum weiter auseinander liegen. Der Nationalist Trump gegen den Pan-Europäer Juncker. Isolationismus gegen Freihandel. Illiberal gegen liberal. Die Europäer wollen mit Trump über freien Handel sprechen. Donald Trump will von den europäischen NATO-Verbündeten klare finanzielle Zusagen und mehr Engagement bei der gemeinsamen Bekämpfung der Terrororganisation "Islamischer Staat".

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte Trump bereits in Washington besucht und das Treffen der 28 Staats- und Regierungschefs in Brüssel vorbereitet. Stoltenberg war froh, dass sich Trump seit seiner Amtseinführung regelmäßig zur NATO bekennt und dem Bündnis einen Sinn zubilligt, auch wenn er sich finanziell übervorteilt fühlt.

Weit reichende Beschlüsse soll das NATO-Treffen auch nicht bringen. Der Anlass für das Treffen ist eigentlich die Eröffnung des neuen Hauptquartiers der Allianz, das nach sieben Jahren Bauzeit fast bezugsfertig ist. Vielleicht wird es den Bau-Investor und Immobilienentwickler Trump interessieren, dass die Bauzeit verlängert werden musste, der Etat um 300 Millionen Euro überzogen wurde und die Kommunikationstechnik in dem riesigen Gebäudekomplex für 4000 Angestellte ernste Probleme machte.

Die NATO spricht vorsichtshalber auch nicht von einem echten "Gipfel", sondern nur von einem "besonderen Treffen" der Staats- und Regierungschefs. Außer der großen Runde will Donald Trump auch noch den neuen französischen Präsidenten Emmanuel Maron zu einem Vier-Augen-Gespräch treffen.

Belgien Trump Brüssel Proteste | "Pussy heads"
Mit rosa Wollmützen für Frauenrechte: Tanja Gohlert protestiert gegen TrumpBild: DW/M. Christoph

Demonstration angekündigt

An diesem Mittwoch ist eine Demonstration in Brüssel gegen Donald Trump angekündigt, zu der laut Angaben der Veranstalter 20.000 Menschen erwartet werden. Mit dabei ist auch Tanja Göhler. Sie hat sich mit anderen Frauenrechtlerinnen zusammengetan und knallrosa "pussy hats" gestrickt. Mit den Wollmützen hatten Hundertausende Frauen in den USA am Tag nach Amtseinführung Trumps gegen dessen frauenfeindlichen und xenophoben Sprüche protestiert. "Es geht nicht nur um Frauenrechte, sondern es kommen Schwule, Lesben, Umweltaktivisten. Alle Menschen, die zeigen wollen, dass sie mit der Richtung der Politik, die da im Moment gemacht wird, nicht einverstanden sind", sagte Tanja Gohlert während der Vorbereitungen zur Demonstration im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Es geht um unsere Zukunft. Die Politiker werden Zehntausende Menschen nicht einfach ignorieren können."

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union