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Tschechischer Präsident Klaus warnt erneut vor einem europäischen Superstaat

28. Mai 2004
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Prag, 26.5.2004, PRAGER ZEITUNG, von Jiří Pehe

Vor wenigen Tagen traf sich der tschechische Staatspräsident Václav Klaus mit den einst vom Kommunismus verfolgten politischen Häftlingen in Prag. Denen teilte er mit, dass "Tschechien heute eine andere Gefahr drohe als der totalitäre Kommunismus". Weitaus hinterhältiger seien die "an Intensität stärker werdenden Versuche, die Freiheit des Einzelnen unter dem Vorwand neu formulierter öffentlicher Interessen und so genannter höherer Ziele einzuschränken". Insbesondere gefährlich sei das "wachsende demokratische Defizit durch Europäisierung und Internationalisierung". Man müsse sich vor dem unifizierten europäischen Superstaat in Acht nehmen.

Die politischen Häftlinge musste die Rede des Staatsoberhaupts verwirren. Wer dem gedanklichen Aufbau seiner Rede folgen konnte und den Inhalt mit der Realität verglich, stand zwangsläufig vor der Frage, ob sich Herr Klaus diesmal nicht doch von seinen dramatischen Visionen mitreißen ließ. Sollte nämlich die Gefahr der "Europäisierung" größer sein als die der gefallenen totalitären Regime, dann muss Klaus genau benennen, wo sich die europäischen Gulags befinden.

Er sollte ebenfalls den Nachweis für seine Behauptung erbringen, dass ein entstehender europäischer Superstaat die Freiheit des Einzelnen bedroht oder diese schon einschränkt. Wenn er damit meint, dass in der Europäischen Union die Grenzen aufgehoben werden, dass die tschechischen Studenten heute schon in ganz Europa studieren können und dass in einigen Jahren alle tschechischen Bürger in Europa ohne Einschränkung arbeiten dürfen, dann bleibt nur die Frage: Worin besteht denn dabei die schlimme Gefahr?... (fp)