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Tschechischer Verteidigungsministers Jaroslav Tvrdik zurückgetreten

5. Juni 2003

- Pressestimmen

https://p.dw.com/p/3ig3

Prag, 4.6.2003, PRAGER ZEITUNG, deutsch

Der Rücktritt von Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdík war Thema für die tschechischen Kommentatoren. "Lidové noviny"(2.6.) sieht die ursprünglich geplante Abschaffung des Wehrdienstes und die Einführung einer Berufsarmee in Gefahr.

Mit dem Abgang von Tvrdík bricht Unklarheit über die baldige Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht aus. Die dahingehenden Pläne sind mit dem Minister hinfällig geworden. Die Aufgabe, einen Plan zur Abschaffung des Wehrdienstes auszuarbeiten, erhielt Tvrdik als frisch ernannter Minister im Mai 2001. Konkrete Pläne setzte er erst in der von Vladimír Špidla geführten Regierung durch. Ursprünglich sollte der letzte Wehrdienstler in der Grundausbildung die Kaserne Ende 2006 verlassen. In diesem Jahr aber hatte der Verteidigungsminister den Vorschlag ausgearbeitet, der mit dem Ende des allgemeinen Grundwehrdienstes schon im nächsten Jahr rechnet. Die Armee hätte so erhebliche Mittel eingespart. Nur dass dann Tvrdik seinen Rücktritt einreichte, ihn widerrief und wieder einreichte, die Militärreform stoppte und mit ihr eine frühere Abschaffung des Wehrdienstes.

“Hospodářské noviny”(2.6.) bedauern Tvrdíks Abgang nicht.

Zweifel erheben sich über den Abgang Tvrdíks. Hintergrundinformationen, nach denen der Verteidigungsminister zwischen seinen Rücktritten unter dem Druck seiner Ehefrau stand, die seinen Rückzug aus der Politik forderte, klingen glaubhaft. Als Erklärung für den Abgang eines Ministers reicht das allerdings keineswegs. Tvrdík beschwerte sich über die Kürzungen im Militärbudget, dann sprach er über eine Budgetsumme, die noch niedriger war als die gekürzte, nur um dann mitzuteilen, die Militärreform liege in Trümmern. Dieses Chaos kann nicht nur mit Stress erklärt werden. Schließlich ist es also Tvrdík allein, der Anlass zu Spekulationen gegeben hat. So hat ihn der Premier in Protokollen über abgehörte Mitglieder der Unterwelt entdeckt. Wünschen wir uns gemeinsam, dass dies nur üble Nachrede war.

"Dnes" (2.6.) meint, Premier Špidla verstehe nichts vom Regieren.

Der unerfreuliche Rücktritt von Tvrdík ist Beweis dafür, dass der Ministerpräsident nicht regieren kann. Seine häufigste Devise lautet: "Wir verhandeln darüber. Wir einigen uns sicherlich". In Wirklichkeit aber kommt er mit niemandem zu einer Übereinkunft. Nicht einmal mit seinen Ministern. Nachdem die Sozialdemokraten seinen größten Rivalen auf der Burg installierten, hätte Špidla abtreten sollen. Ein Premier Špidla ist unter einem Präsidenten Klaus eine blanke Posse. Nicht deswegen, weil es einem rechten Präsidenten und einem linken Premier unmöglich wäre zu regieren, sondern weil der Mann von der Burg ein lebendes Mahnmal des Špidlaschen Ungeschicks ist. Das hat sich auch im Fall des Rücktritts von Tvrdík gezeigt. Špidla kann nicht mit Leuten verhandeln, kann in Krisensituationen nicht kämpfen. Führungsstärke zu zeigen bedeutet für ihn, sich betriebsam geben und Anweisungen zu geben. Darin irrt er sich aber gewaltig. (fp)