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Eine ständige Bedrohung

30. September 2009

Das Seebeben im Südpazifik und die Verwüstungen in Sumatra erinnern an die folgenschwere Flutkatastrophe aus dem Jahr 2004, als in Indonesien rund 200.000 Menschen ums Leben kamen. Neue Fälle drohen, sagen Forscher.

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Strand in Australien mit Warnschild (Foto: ap)
Wo das Meer ist, kann es einen Tsunami gebenBild: AP

Tsunami kommt aus dem Japanischen und heißt übersetzt: "Große Welle im Hafen". Die Japaner, vor allem die Fischer haben ein ganz besonderes Verhältnis zu dem Wort: Japan ist nämlich gleich von vier aneinander stoßenden Erdplatten umgeben. Das Land wird jedes Jahr von riesigen Flutwellen bedroht. Tsunami werden immer wieder auftreten. Darin sind sich weltweit alle Wissenschaftler einig. So gab es immerhin 160 schwere verzeichnete Vorkommnisse in den letzten 500 Jahren.

"Wenn man es nicht selbst erlebt hat, glaubt man kaum, wie schnell sich ein friedlich erscheinendes Meer in ein rücksichtsloses Monster verwandeln kann", schildert der deutsche Stefan Gernert, der den Tsunami in Thailand knapp überlebte. Die Meeresoberfläche bewegte sich kaum, als der deutsche Stefan Gernert am zweiten Weihnachtstag des Jahres 2004 seine Kamera auf den Traumstrand von Kao Lak hielt. Lange sehr lange wies nichts deutet darauf hin, dass die Urgewalt eines Tsunamis direkt auf ihn zurast. Mit einer Geschwindigkeit von weit über 800 Kilometer pro Stunde. Eine gigantische Druckwelle – ausgelöst durch ein Erdbeben mitten im Indischen Ozean.

Mörderisches Schaukeln

VW Käfer auf überfluteter Straße (Foto: ap)
Überschwemmungen in Mexiko nach einem kleinen Tsunami 2007Bild: AP

Seeleute berichteten später, sie hätten auf dem Meer nur ein leichtes Schaukeln bemerkt. Die Wasseroberfläche wird eine Tsunami-Welle höchstens zwei bis drei Meter heben. Dafür kann diese Welle eine Länge von mehreren hundert Meter ausmachen. Rollt sie auf den ansteigenden Meeresgrund einer Küste zu, baut sich erst im letzten Moment eine gigantisch hohe Flutwelle auf. So erkennt auch Stefan Gernert die Gefahr erst, als die Hotelpools überquellen und eine fast 15 Meter hohe Wasserwand aufschlägt.

Das tückische an Tsunamis ist, dass sie lange Zeit wie eine einsetzende Super-Ebbe wirken und nach der ersten Flutwelle schließlich eine riesige Sogwirkung entwickeln. Damit hatte Gernerts Frau nicht gerechnet. Sie wird mitgerissen. Man fand sie nie wieder.

Kein Schutz gegen die Tsunami-Auslöser

Auslöser von Tsunamis sind meist Erdeben. Sie entstehen, wenn sich Erdplatten aufeinanderschieben. So gelten die Regionen rund um den Pazifik als besonders gefährdet. Japan und Chile befinden sich an den tektonisch aktivsten Gebieten der Welt.

Stadt in Trümmern (Foto: ap)
Fast komplett ausgelöscht: Banda Aceh, 2005Bild: AP

Auch Vulkane können Tsunamis verursachen. So vertreten zwei Geologen, Simon Day von der Universität Kalifornien und Steven Ward vom Benfield Hazard Research Center in London die Theorie, dass die Kanarischen Inseln überflutet werden könnten, wenn die gesamte Westflanke des Vulkans Cumbre Vieja auf La Palma wegrutschen würde. 1949 passierte dies teilweise. Forscher halten einen weiterern Vulkan-Abbruch für nicht ausgeschlossen. Rechenmodelle sehen für diesen Fall Wellen voraus von bis zu 900 Meter Höhe. Diese Monsterwellen würden zunächst fast eine Stunde lang gegen die übrigen Kanaren schlagen und sechs Stunden später die amerikanischen Küsten überschwemmen. Viele Menschen auf den Kanaren halten dieses Horror-szenario für völlig übertrieben.

Mega-Tsunamis in der jüngsten Vergangenheit

1958 geschah das Unfassbare. Durch ein Erdbeben gab es einen riesigen Erdrutsch bei Alaska. Die Wassermassen türmten sich auf über 150 Meter und vernichteten an der Küste von Alaska sogar Gegenden in der Höhe von 500 Metern. Niemand starb dabei. Der betroffene Küstenstreifen war glücklicherweise unbewohnt.

Verheerender wirkte sich ein Tsunami im Jahr 365 vor Kreta aus. Die Küste hob sich schnell um mehr als zehn Meter. Buchten liefen leer. Mehrere zehntausend Menschen ertranken. In Ägypten wurden Boote zwei Kilometer weit ins Landesinnere geschleudert.

Die Gefahr am Mittelmeer ist nicht gebannt. Jeder Ort - vor allem am östlichen Mittelmeer - kann getroffen werden. Auch hier arbeiten Erdplatten gegeneinander. Leider gibt es gerade am Mittelmeer kaum Vorwarnzeiten. Zwei Minuten allenfalls, meinen Forscher an der Universität Bologna. Ihre Begründung: Die Erdplatten vor der Küste Griechenlands weisen dieselbe Spannung auf wie in Indonesien. Den letzten schweren Fall gab es 1908. Damals schlugen zwanzig Meter hohe Wellen vor Kalabrien auf. Im Jahr 2003 entgingen Mallorca und Ostspanien nur knapp einer Katastrophe, als an der Küste Nordafrikas ein Erdbeben das Mittelmeer erschütterte.

Autor: Wolfgang Dick

Redaktion: Oliver Samson