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Turbolenzen im ungarischen Bildungsministerium

16. Juni 2003

– Bildungsminister Bálint Magyar weiter unter Beschuss

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Budapest, 16.6.2003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Dénes Vajta

Die Turbulenzen um das Bildungsministerium reißen nicht ab. In den vergangenen Wochen waren Bildungsminister Bálint Magyar von SZDSZ (Bund Freier Demokraten – MD) und einige seiner engen Mitarbeiter unter dem Vorwurf der Vorteilsnahme heftig kritisiert worden. Die konservative Tageszeitung "Magyar Nemzet" veröffentlichte zuletzt einen ungewöhnlich scharfen Angriff, woraufhin das Ministerium mit rechtlichen Schritten drohte.

Ein Fonds des Bildungsministeriums sei laut einem Kontrollbericht der Regierung "zur Abwicklung einer Ausschreibung nicht befugt", zitierte die Fidesz (Bund Junger Demokraten – MD)-nahe Zeitung. Der Kontrollbericht stelle auch fest, dass "fast jeder Schritt des Ministeriums gesetzwidrig war". Das Kabinettsressort reagierte sofort auf die Beschuldigungen und teilte mit, dass es keinen Kontrollbericht gebe, der die von "Magyar Nemzet" angeführten Feststellungen enthalte.

Das Bildungsministerium forderte die "Magyar Nemzet" auf, die Dokumente, die ihre Behauptungen belegen, zur Verfügung zu stellen. Diese sind bis zur gesetzten Frist nicht angekommen. Jetzt droht das Ministerium der Zeitung rechtliche Schritte an. "Die mangelnde Seriosität des Artikels zeigt schon die Tatsache, dass der als Hauptdirektor apostrophierte Gábor Gyõrffy niemals bei uns angestellt war", so ein Sprecher des Ministeriums.

Am Mittwoch (11.6.) legte die "Magyar Nemzet" nach: Diesmal soll Bálint Magyar gesetzwidrig in den Genuss vorteilhafter Kredite gelangt sein. SZDSZ-Parteichef Gábor Kuncze und auch Premier Péter Medgyessy stellten sich bisher hinter den Bildungsminister. Dem SZDSZ, der stets besonders scharf gegen die Korruption auftrat, ist der Skandal allerdings peinlich. Noch dazu wurde das Bildungsministerium erst vor kurzem vom SZDSZ als das bestgeführte Ressort bezeichnet. "Auch Bálint Magyar muss in seinem Ministerium für mehr Ordnung und Disziplin sorgen", sagte Kuncze jetzt in einem Interview mit der Zeitung Világgazdaság vorsichtig.

Das Bildungsministerium gelobt mehr Transparenz. Es führt ein Maßnahmenpaket ein, das auch die Strenge des so genannten "Gesetzes der gläsernen Tasche" in den Schatten stellt. Künftig sollen auch Fehler ausgeschlossen werden, die zwar nicht ungesetzlich seien, aber den moralischen Ansprüchen nicht entsprechen, steht in der Mitteilung des Ministeriums. Im Falle einer Ausschreibung, deren Wert 40 Millionen Forint übersteigt, müssen die Partner des Unterrichtsministeriums eine vorherige Bewilligung des Ressorts einholen. In den Gremien, die über Ausschreibungen entscheiden, müssen künftig mehrheitlich unabhängige Sachverständige sitzen.

Mit zweiwöchiger Verspätung startet nun auch das Projekt "Sulinet Expressz" des Bildungsministeriums, das viele Schulen ins Internet bringen will. Pädagogen, Schüler und Eltern können im Rahmen dieses Programms billig Computer erwerben. Die Aktion kostet sechs Milliarden Forint (ca. 23 Millionen Euro – MD). (fp)