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Turkmenistan führt umstrittene neue Pässe ein

10. November 2005

Die turkmenischen Staatsbürger sollen künftig neue fälschungssichere biometrische Pässe erhalten. Ausgegeben werden sollen sie nur in Turkmenistan. Regimegegnern im Exil droht der Verlust ihrer Staatsangehörigkeit.

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Präsident Saparmurat Nijasow will angeblich internationale Standards einhaltenBild: AP

Am 31. Oktober kündigte der turkmenische Präsident Saparmurat Nijasow auf einer Sitzung des Ministerkabinetts die Einführung neuer Pässe an. Sie sollen, so das Staatsoberhaupt, internationalen Standards entsprechen. Nijasow sagte, die Gründe für viele Straftaten, die hochrangige Beamte in letzter Zeit verübt hätten, lägen in der sowjetischen Vergangenheit, als sich in der Republik jeder niederlassen konnte. "Jetzt säubern wir unsere Reihen von diesen Leuten, und wir werden unseren Kampf fortsetzen", sagte der Staatspräsident.

Als Beispiel nannte er den stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerkabinetts Gujtschnasar Tatschnasarow, der 1996 die Leitung der Gesellschaft Turkmengasprom übernommen hatte. Er habe, so Nijasow, eine gewaltige Geldsumme unterschlagen, mehrere Pässe gekauft und mit ihnen bei mehreren Banken im Ausland Konten eröffnet. Tatschnasarow habe nun an den Staat mehr als zwei Millionen Dollar zurückgezahlt, sagte der Präsident und fügte hinzu, dass die neuen Pässe, die alle biometrischen Angaben enthalten werden, künftig ermöglichen würden, Straftäter weltweit ausfindig zu machen.

Maßnahme gegen doppelte Staatsbürgerschaft

Eine hochrangige Quelle im turkmenischen Innenministerium sagte der Deutschen Welle, Hauptgrund für die Einführung neuer Pässe seien die Bedingungen von Interpol. Dieser Organisation ist Turkmenistan vor kurzem beigetreten. Aber es gebe auch andere Gründe. Die heutigen Pässe seien schlecht geschützt und leicht zu fälschen. Gefälschte turkmenische Pässe seien bei vielen Straftätern im Ausland sichergestellt worden und dann den turkmenischen Behörden zugesandt worden. Ferner hätten sich ethnische Turkmenen aus Afghanistan und dem Iran oft erst als Rückkehrer ausgegeben und später turkmenische Pässe dazu genutzt, im westlichen Ausland Asyl zu beantragen.

Letztendlich solle die Maßnahme die Freiheiten derjenigen einschränken, die über eine doppelte Staatsbürgerschaft verfügten, so die Quelle im Innenministerium. Der turkmenische Pass würde dann nicht mehr ermöglichen, sich einer strafrechtlichen Verantwortung in Russland zu entziehen. Ferner würde verhindert, dass beim Grenzübertritt keine Zölle gezahlt würden, denn oft legten Einreisende russischen Beamten einen Pass und turkmenischen Offiziellen einen anderen vor. Personen, die über die russische und turkmenische Staatsbürgerschaft verfügen, sollen keinen neuen turkmenischen Pass erhalten. Listen betreffender Personen lägen den Behörden vor, so der Vertreter des Innenministeriums. Auf diese Weise will Aschgabad die zwischen Russland und Turkmenistan umstrittene doppelte Staatsbürgerschaft endgültig abschaffen. Die neuen Pässe sollen den Bürgern nur in Turkmenistan ausgegeben werden.

Befürchtungen der Opposition

Der Führer der oppositionellen Republikanischen Partei Turkmenistans, der ehemalige turkmenische Botschafter in der Türkei Nurmuchammed Chanamow, wies in einem Gespräch mit der Deutschen Welle darauf hin, dass in den heutigen turkmenischen Pässen keine Gültigkeitsfrist angegeben ist, was bei der Einreise in andere Staaten häufig zu Problemen geführt habe. "Wenn die neuen Pässe eine Gültigkeitsfrist enthalten werden, dann ist das positiv und wird internationalen Standards entsprechen", sagte er.

Chanamow fügte hinzu: "Aber ich denke nicht, dass das Nijasow-Regime dies macht, damit die Menschen nicht mehr leiden. Die Absicht ist eine andere. Viele Menschen konnten unter dem Regime nicht leben und haben das Land verlassen. Jetzt müssten sie nach Turkmenistan zurückkehren, um einen neuen Pass zu bekommen, um die Staatsbürgerschaft nicht zu verlieren. Die Rückkehr in das Land ist mit dem Risiko verbunden, danach nicht mehr ausreisen zu dürfen oder im Gefängnis zu landen."

Vitali Volkov, Oras Saryjew
DW-RADIO/Russisch, 4.11.2005, Fokus Ost-Südost