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Tusk in Berlin

11. Dezember 2007

Der neue polnische Ministerpräsident und Kanzlerin Merkel haben bei ihrem Treffen in Berlin den Willen betont, die Beziehungen ihrer Länder zu verbessern. Annäherung bei den zentralen Streitpunkten gab es jedoch kaum.

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Mann und Frau in dunklen Anzügen stehen nebeneinander hinter einem Rednerpult (Quelle: AP)
Merkel (r.) und Tusk vor der Presse in BerlinBild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der neue polnische Ministerpräsident Donald Tusk wollen die deutsch-polnischen Beziehungen gemeinsam aus der Krise führen. Bei ihrem ersten Spitzentreffen in Berlin demonstrierten beide ihre Bereitschaft zum offenen Dialog über strittige Themen. "Wir haben uns vorgenommen, um kein Problem einen Bogen zu machen", sagte Merkel am Dienstag (11.12.2007) nach dem zweistündigen Gespräch mit Tusk im Kanzleramt.

Tusk war vor knapp vier Wochen vereidigt worden. Unter seinem Vorgänger Jaroslaw Kaczynski hatte sich der Zustand der deutsch-polnischen Beziehungen dramatisch verschlechtert. Bereits in der vergangenen Woche hatten die Außenminister beider Länder bei einem Treffen in Berlin den Weg für einen Neuanfang bereitet, den jetzt auch die Regierungschefs beschritten.

Absage an Entschädigungsansprüche

Klingelschild mit Aufdruck "Landsmannschaft Ostpreußen / Preußische Treuhand" (Quelle: AP)
Merkel und Tusk lehnen Entschädigungforderungen der deutschen Vertriebenenverbände abBild: AP

Deutschland habe ein "großes Interesse an guten und vertrauensvollen Beziehungen" mit Polen, betonte Merkel auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Tusk. Der polnische Ministerpräsident gab als Ziel aus, die deutsch-polnischen Beziehungen in einen ähnlich guten Zustand zu versetzen, in dem das persönliche Verhältnis zwischen ihm und Merkel bereits ist. Die beiden kennen sich seit Jahren über die Europäische Volkspartei.

Bei den zentralen Streitthemen in den deutsch-polnischen Beziehungen machten die beiden nur kleine Schritte nach vorne. Zu den Entschädigungsklagen einzelner Vertriebener gegen Polen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte äußerte sich Merkel in derselben Deutlichkeit wie schon mehrmals zuvor: "Es gibt keinerlei Entschädigungsansprüche gegenüber Polen", sagte sie.

Festhalten an Berliner Dokumentationsstätte

Tusk würdigte das zwar und sprach von einem "symbolischen Moment". Gleichzeitig machte er aber deutlich, dass ihm diese Distanzierung von den Forderungen der Vertriebenen nicht ausreicht. Es müsse "eine eindeutige transparente Botschaft" in dieser Sache geben, sagte er. Der polnische Ministerpräsident vermied es aber, wie sein Vorgänger Jaroslaw Kaczynski ein bilaterales Abkommen zu fordern, in dem beide Staaten den Verzicht auf Entschädigungsansprüche erklären.

Merkel warb bei Tusk für Verständnis für die geplante Errichtung einer Dokumentationsstätte zum Thema Vertreibung in Berlin. "Dieses Projekt hat nicht die Absicht, Ursache und Folgen des Zweiten Weltkriegs in irgendeiner Weise zu relativieren", sagte sie. Eine Delegation, deren Zusammensetzung noch nicht feststeht, soll für mehr Akzeptanz des Projekts in Polen sorgen.

Keine Annäherung bei Ostseepipeline

Großes schwarzes Rohr mit weißem Aufdruck in russischer Schrift, dahinter Baucontainer (Quelle: dpa)
Die Polen sind keine Freunde der OstseepipelineBild: PA/dpa

Den Streit über die Ostseepipeline delegierten Merkel und Tusk zunächst an die Wirtschaftsminister. Zudem soll versucht werden, auch die russische Seite in die Problemlösung einzubeziehen. Er hoffe auf "positive Korrekturen auf beiden Seiten", sagte der polnische Ministerpräsident. Das Pipeline-Projekt war noch unter der Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder vereinbart worden. Polen und die baltischen Staaten fühlen sich dabei übergangenen.

Nächstes Treffen noch vor Weihnachten

Zwei Männer in dunklen Anzügen geben sich die Hand (Quelle: AP)
Tusk ist auch mit Bundespräsident Köhler zusammengetroffenBild: AP

Tusk ist nach dem Gespräch mit Merkel mit Bundespräsident Horst Köhler in dessen Berliner Amtssitz zusammengetroffen. Die deutsch-polnischen Beziehungen hatten sich während der zweijährigen Regierungszeit von Tusks Vorgänger Jaroslaw Kaczynski deutlich verschlechtert. Tusk will sich im Umgang mit seinem westlichen Nachbarn dialogbereiter zeigen.

Noch vor Weihnachten werden sich Tusk und Merkel wiedersehen. Im sächsischen Zittau werden sie am 21. Dezember gemeinsam mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Mirek Topolanek die Erweiterung des Schengen-Raums und den daraus resultierenden Wegfall der Grenzkontrollen nach Osteuropa feiern. (rri)