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Erdogan-Demo hat diplomatisches Nachspiel

1. August 2016

Bei der Demonstration in Köln sollte eigentlich der türkische Präsident Erdogan zugeschaltet werden. Aus Sicherheitsgründen wurde dies jedoch untersagt. Die türkische Regierung reagiert empört.

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Pro-Erdogan-Demonstration in Köln (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/T. Schmuelgen

Das Verbot der Live-Zuschaltung des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan auf der Demonstration in Köln sorgt für weitere Verstimmungen in den türkisch-deutschen Beziehungen: Nach Angaben der deutschen Botschaft in Ankara bestellt das türkische Außenministerium den deutschen Gesandten in der Türkei ein. Botschafter Martin Erdmann ist im Urlaub - daher nimmt der Gesandte - sein Stellvertreter - den Termin wahr.

Bundesregierung reagiert gelassen

Zuvor hatten bereits mehrere türkische Regierungsmitglieder das Verbot der Übertragung scharf kritisiert. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin sagte, dies sei "unannehmbar". Es handele sich um einen Verstoß gegen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Justizminister Bekir Bozdag schrieb auf Twitter, das Verbot der Übertragung sei auf "widerrechtliche und unhöfliche Art" erfolgt. Es sei von nun an inakzeptabel, wenn Deutschland gegenüber der Türkei die Begriffe Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechte und Freiheit auch nur in den Mund nehme. Zudem warf der Justizminister Deutschland eine ungerechte Behandlung der hierzulande lebenden Türken vor. Deutschland sei für viele "ernste Diskriminierungen und Ungerechtigkeiten" verantwortlich. Der türkische EU-Minister Ömer Celik kommentierte das Verbot der Zuschaltung ebenfalls auf Twitter und bezeichnete es als "Abweichung von der Meinungsfreiheit und Demokratie".

Die Bundesregierung reagierte gelassen auf die Einberufung des Botschaftsgesandten. "Das ist nichts Ungewöhnliches", sagte Regierungssprecher Martin Schäfer. "Ich denke nicht, dass das als Rüge gemeint ist."

40.000 Menschen demonstrieren für Erdogan

Gut zwei Wochen nach dem vereitelten Putsch in der Türkei hatten am Sonntag Zehntausende in Köln friedlich ihre Unterstützung für Erdogan demonstriert. Zugleich feierten sie die Niederschlagung des Umsturzversuchs. Eigentlich hatten die Veranstalter der Kundgebung in Köln geplant, Erdogan auf einer Großleinwand live zuzuschalten - dies war angesichts der aufgeheizten Stimmung aber verboten worden. Die Veranstalter der Demonstration in Köln waren gerichtlich gegen das Verbot vorgegangen, am Samstag aber vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Nach Angaben der Polizei nahmen 30.000 bis 40.000 Menschen an der Kundgebung teil. Es gab mehrere Gegendemonstrationen. Zu den befürchteten Ausschreitungen kam es aber nicht. Die Polizei zog am Abend eine positive Bilanz. Im Einsatz waren 2700 Beamte, auch Wasserwerfer standen bereit.

Rotes Meer aus türkischen Flaggen

Der Kundgebungsplatz glich einem roten Meer aus türkischen Flaggen. Mit einer Schweigeminute gedachten die Teilnehmer der Opfer des Putschversuches in der Türkei sowie der Opfer der jüngsten Terroranschläge in Frankreich, Deutschland und der Türkei. Gegen Ende der Veranstaltung wurde eine Botschaft Erdogans verlesen. In dieser lobte er, dass sich die türkische Bevölkerung den Putschisten mutig entgegengestellt habe. Er dankte auch den türkischen Bürgern, die in Deutschland auf die Straße gegangen seien. "Heute ist die Türkei stärker als sie je vor dem 15. Juli gewesen ist", hieß es.

Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch von Mitte Juli verantwortlich. In der Türkei läuft seither eine von der Regierung so genannte Säuberungswelle gegen mutmaßliche Unterstützer Gülens im Militär, in der Polizei, den Medien, der Justiz und im Bildungswesen. Knapp 18.700 Menschen wurden festgenommen, gegen 10.137 ergingen nach Angaben Erdogans Haftbefehle. Die harten Maßnahmen wurden besonders aus der EU kritisiert.

cr/wo (dpa, afp, ard)