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Ukraine hofft auf verstärkte deutsche Investitionen

2. Juni 2005

Am zweiten so genannten Ukraine-Tag im Bundestag sprachen deutsche und ukrainische Abgeordnete über die Bilanz nach 120 Tagen Regierung Juschtschenko. Dabei ging es auch um die Verbesserung des Investitionsklimas.

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Vertreter des ukrainischen Parlaments waren zu Gast in BerlinBild: dpa

Hochrangige ukrainische Politiker wie der Vize-Premierminister Oleg Rybatschuk sowie der Vorsitzende der sozialistischen Partei, Alexander Moros, waren nach Berlin gekommen, um zu diskutieren, was sich knapp drei Monate nach Amtsantritt der neuen Regierung verbessert oder verschlechtert hat.

Klare Rahmenbedingungen

Nicht nur Politiker und Wissenschaftler, sondern auch deutsche Geschäftsleute waren eingeladen. Sie sprachen über ihre Bereitschaft, in die ukrainische Wirtschaft zu investieren. Sie wollen gemeinsame Projekte starten und Niederlassungen eröffnen. Der Vize-Premierminister für Euro-Integrationspolitik, Oleg Rybatschuk fokussierte seine Rede auf die Maßnahmen, die zur Verbesserung des Investitionsklimas führen sollen. Zu diesen Maßnahmen gehört auch eine Gerichtsreform, die ein unabhängiges Rechtswesen in der Ukraine garantieren soll. Zukünftigen Investoren soll das früher sehr langwierige Genehmigungsverfahren erleichtert werden. Die Grundidee des Privatisierungsprogramms wird sein: Wer die besten Voraussetzungen bietet, ist im Vorteil.

Deutsch-ukrainische Arbeitsgruppen

Rybatschuk betonte, dass ein gemeinsamer Arbeitskreis auf hoher politischer Ebene arbeiten wird. Die Entscheidung zur Gründung dieser Gruppe wurde von Gerhard Schröder und Viktor Juschtschenko während dessen Besuch in Berlin getroffen. Rybatschuk sagte: "Viele Treffen mit führenden deutschen Wirtschaftsvertretern sprechen dafür, daß deutsche Wirtschaftsverbände bereit sind, zunehmend in die ukrainische Wirtschaft zu investieren. Um eine hohe Effizienz zu erreichen, werden vier weitere Gruppen aus deutschen Wirtschaftsvertretern und Abgesandten der entsprechenden ukrainischen Ministerien zusammengestellt. Die Organisation dieser Organe ist in der Ukraine bereits abgeschlossen, nun warten wir auf unsere deutschen Partner."

Kritik an ukrainischer Wirtschaftspolitik

Dennoch werfen manche wirtschaftspolitische Maßnahmen Fragen und Kritik von Experten auf. So machte Dr. Irina Akimowa vom Entwicklungsprogramm der UN machte darauf aufmerksam, dass bei der Arbeit der Regierung eine klare Linie fehle. Sie stellte den Vergleich zu einem Feuerwehrteam an, das keine Zeit hat zu überlegen, sondern immer dort löscht, wo es gerade am stärksten brennt. Sie wies auf die Unterschiede zwischen den angestrebten liberalen Zielen der Wirtschaftspolitik und den nicht immer liberalen Mechanismen der Regierungsarbeit hin: "Die orange Revolution hat sich die Demokratisierung des Landes, Freiheit und die Änderung der geopolitischen Orientierung zum Ziel gesetzt. Ökonomischen Fragen wurde keine große Aufmerksamkeit zuteil. Deswegen ist es klar, daß das Wirtschaftsprogramm nicht so detailliert von der Regierung geschrieben wurde, nachdem sie an die Macht gekommen war."

Zu hohe Erwartungen an neue Regierung?

Trotz der Kritik versteht die SPD-Abgeordnete und Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Arbeitsgruppe, Jelena Hoffmann die Probleme, vor denen die ukrainische Regierung in erster Linie steht. In Berlin sagte sie: "Ich kann mir gut vorstellen, wie kompliziert es sein muß, in 120 Tagen alle Erwartungen zu realisieren, die von den Bürgern in diese neue Macht gesetzt werden. Ich weiß das genau, weil ich selbst Abgeordnete einer Partei bin. Das Volk erwartet von einer Regierung stets mehr, als diese zu leisten im Stande ist. Trotzdem bin ich der Meinung, dass die Regierung schon einige Fehler gemacht hat, wichtig ist jedoch, daß wir nicht die Meinung gewinnen, die Ukraine kehre in alte Zeiten zurück."

Gleichzeitig gestand Frau Hoffmann ein, dass die europäischen Regierungen selbst Fehler machten und zu hohe Ansprüche an die ukrainischen Machthaber hätten. Sie ist der Meinung, dass die junge Demokratie mehr Zeit brauche, bevor über sie geurteilt wird.

Natalija Fiebrig
DW-RADIO/Ukrainisch, 31.5.2005, Fokus Ost-Südost