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"Ukraine spielt nur Demokratie"

27. Oktober 2012

Einen Tag vor der Parlamentswahl in der Ukraine berichtet die OSZE von massiven Repressalien gegen Kandidaten der Opposition. Auch Außenminister Westerwelle findet mahnende Worte.

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Wahlplakat mit Boxweltmeister Vitali Klitschko (Foto: picture-alliance/dpa)
Ukraine WahlenBild: picture-alliance/dpa

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle hat nochmals eine freie und faire Abstimmung angemahnt. "Dass wir mit der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine nicht zufrieden sind, weiß man in Kiew", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Westerwelle verwies insbesondere auf den Umgang mit Oppositionellen wie etwa der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, die von der Wahl ausgeschlossen wurde.

Oppositionelle bis zur "Existenz" bedroht

Die Grünen-Parlamentarierin Viola von Cramon beklagte schwere Repressalien gegen Oppositionelle. Vor allem in den 80 besonders umkämpften Wahlkreisen werde massiv Druck auf die Kandidaten der Opposition ausgeübt, sagte von Cramon im Deutschlandradio Kultur unter Verweis auf Informationen der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), für die sie selbst derzeit in Kiew ist.

Von den 80 Kandidaten wurden nach ihren Worten 44 "massiv unter Druck" gesetzt und "bis zur Existenz" bedroht. Daraufhin hätten einige von ihnen ihre Kandidatur zurückgezogen. "Hier wird mit ganz ganz harten Bandagen gekämpft", erklärte die Abgeordnete. Zudem habe man bei der Zusammensetzung der Wahlkommissionen "extrem gefeilscht und getäuscht". Mitglieder seien durch regierungsnahe Vertreter ersetzt worden.

Ukraine vor spannendem Zweikampf

Kein Abkommen mit der Ukraine

Die Osteuropa-Expertin warnte zugleich davor, das derzeit eingefrorene Freihandels- und Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine zu ratifizieren. Die Vereinbarung war wegen des Urteils gegen Timoschenko, das die Europäische Union als politisch motiviert ansieht, auf Eis gelegt worden. "Die spielen hier zur Zeit nur Demokratie", sagte von Cramon. Die Regierung in Kiew verhalte sich anti-europäisch und zuletzt verabschiedete Gesetze hätten keine europäische Ausrichtung.

Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton bezeichnete die Parlamentswahl in dem wichtigsten Transitland für russisches Gas in Richtung Westen als entscheidenden Test für die Demokratie in der Ukraine. Zugleich forderte sie die Regierung in Kiew auf, die Arbeit der internationalen Wahlbeobachter und der Journalisten nicht zu behindern.

Aggressiver Schlagabtausch

In der Ukraine selbst lieferten sich Regierung und Opposition nochmals einen aggressiven Schlagabtausch. In letzten Auftritten sprachen sich beide Lager gegenseitig die Fähigkeit zum Regieren ab. Die regierende Partei der Regionen von Staatspräsident Viktor Janukowitsch beschimpfte ihre Gegner um Boxweltmeister Vitali Klitschko als "Chaostruppe". Das flächenmäßig zweitgrößte Land Europas sei "kein Boxring", sagte ein Parteisprecher.

Der Boxweltmeister mit dem Kampfnamen "Dr. Eisenfaust" wuchs zuletzt immer mehr in die Rolle des Hoffnungsträgers. Er rief den Anhängern seiner Partei Udar (zu Deutsch: Schlag) bei einem Treffen in Kiew zu: "Die Ukrainer haben Janukowitschs leere Versprechen satt." Timoschenkos Partei Vaterland wirft Janukowitsch in ihrer Wahlwerbung "Mafia-Methoden" vor. Korruption und Justizwillkür seien an der Tagesordnung.

Wachwechel bei der Opposition?

Insgesamt 36,6 Millionen Wahlberechtigte sind am Sonntag aufgerufen, die 450 Mandate in der Obersten Rada neu zu vergeben. 21 Parteien treten an. Es gilt eine Fünf-Prozent-Klausel. Daneben bewerben sich rund 2600 Direktkandidaten.

Meinungsforscher trauen Klitschkos Partei Udar bis zu 21, 5 Prozent zu. Damit könnte er Rang zwei hinter der Partei der Regionen belegen. Timoschenkos Vaterland-Partei könnte erstmals seit Jahren auf Rang drei zurückfallen.

se/hp (afp, dpa, dapd)