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Ukraine: Janukowitsch soll gehen

29. November 2013

Mehr Europa oder mehr Russland? Die Ukraine hat kurz vor der Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens einen Rückzieher gemacht. Dafür fordern nun viele Pro-Europa-Demonstranten die Absetzung ihres Staatsoberhauptes.

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Pro-europäische Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew, Ukraine (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

“Feigling“, riefen am Freitag etwa 400 Regierungsgegner in der ukrainischen Hauptstadt Kiew, als sie die Nachricht vom EU-Osteuropagipfel hörten. Sie meinten damit Präsident Viktor Janukowitsch, der sich auf dem Gipfel gegen eine Annäherung der Ukraine an die Europäische Union ausgesprochen hatte.

Später stieg die Zahl der Demonstranten erheblich an: Etwa 10.000 Menschen protestierten am Freitagabend in Kiew und forderten den Rücktritt von Janukowitsch. Staatschef, Regierung und Parlament hätten bei der Realisierung eines strategischen, geopolitischen Kurses der Ukraine versagt, hieß es in einer unter Applaus verabschiedeten Resolution. Regierungsgegner betonten, Ziel sei ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten. Die Kundgebung auf dem Maidan, dem Unabhängigkeitsplatz, verlief weitgehend ruhig.

"Weitgehend ruhig": Bereits am frühen Abend sicherten viele Polizisten die pro-europäische Großdemonstration in Kiew (Foto: Genya Savilov/AFP/Getty Images)
Bereits am frühen Abend sicherten viele Polizisten die pro-europäische Großdemonstration in KiewBild: Genya Savilov/AFP/Getty Images

“Nein“ zur EU-Annäherung

Grund für die Großdemonstration war die Entscheidung von Staatschef Janukowitsch, ein bereits ausgehandeltes Freihandelsabkommen mit der EU doch nicht zu unterzeichnen. Unter dem politischen Druck aus Moskau hatte Janukowitsch bereits vergangene Woche angekündigt, er werde stattdessen eine engere Bindung an Russland anstreben. Tausende Unterstützer des Präsidenten, die zum Teil mit Bussen aus der Ost-Ukraine herangebracht wurden, begrüßten den Schritt als Entgegenkommen an die ukrainischen Unternehmen.

“Der Präsident hat das Schicksal und die Zukunft der Ukraine verkauft“, sagte hingegen einer der Oppositionsführer, Arseni Jazenjuk, der zu dem EU-Gipfel in die litauische Hauptstadt Vilnius gereist war. Der Politiker und Boxweltmeister Vitali Klitschko rief: “Unser Recht, in einem europäischen Land zu leben, ist gestohlen worden.“

Viktor Janukowitsch, Präsident der Ukraine (Foto: Janek Skarzynski/AFP/Getty Images)
Janukowitsch will bald zustimmenBild: Janek Skarzynski/AFP/Getty Images

Unterzeichnung "in naher Zukunft"

Auf dem Osteuropa-Gipfel hatte Janukowitsch jedoch klargestellt, dass er grundsätzlich weiter am Ziel eines Abkommens mit der Europäischen Union festhält. "Ich bestätige die Absicht der Ukraine, das Assoziierungsabkommen in naher Zukunft zu unterzeichnen", sagte er vor Journalisten in Vilnius. Vorher müsse die EU seinem Land aber Wirtschaftshilfe gewähren.

Am Rande des Gipfels sprach auch Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Janukowitsch. Merkel erklärte nach dem Gespräch, dass die EU der Ukraine kein zeitliches Limit für die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens setzen werde: "Das ist ein dickes Brett, das wir bohren müssen, aber wir geben hier keinerlei zeitliche Vorgaben."

Merkel lehnte aber ukrainische Forderungen nach erleichterten Bedingungen etwa für einen Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) ab. "Ich glaube, dass die Ukraine noch sehr viele eigene Reformen zu machen hat", sagte sie. Aber auch andere osteuropäische Staaten hätten schmerzhafte Reformen hinter sich. Deshalb könnten für die Ukraine keine Standards gelockert werden.

ch/ml (afp, dpa, rtr)