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"Ukrainische Rückkehr"

23. April 2002

- Verband der in Polen lebenden Ukrainer will Rückführung seiner Landsleute in ihre ehemaligen Gebiete im Südosten Polens forcieren

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Krakau, 18.4.2002, DZIENNIK POLSKI

DZIENNIK POLSKI, poln., 18.4.2002, Jacek Borzecki

Der Verband der Ukrainer in Polen bereitet das Programm "Powernennja" ("Rückkehr") vor, das die Ukrainer, die im Norden und Westen Polens leben, zu einer Umsiedlung in den Südosten Polens und hauptsächlich in die Stadt Przemysl und Umgebung bewegen soll.

Das erklärte Ziel dieses Programms ist es, das nationale Bewusstsein zu stärken und einer Entnationalisierung der jungen Generation der Ukrainer entgegenzuwirken, indem sie emotional mit den Gebieten verbunden werden, aus denen ihre Vorfahren vertrieben worden sind.

Die Erarbeitung dieses Programms hatte Mitte Juli des letzten Jahres der Hauptrat des Verbandes der Ukrainer in Polen beschlossen. Zu diesem Zweck wurde zugleich eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. (...) Der Rat erkannte die besondere Rolle der Stadt Przemysl bei der Umsetzung des Programms an und empfahl die Zusammenarbeit mit den ukrainischen landsmannschaftlichen Organisationen "Nadsanie" und "Lemkiwschtschyna".

Im ersten Entwurf bezeichnen die Verfasser des Programms diese Initiative als "wichtigsten Wegweiser für heute und für die Zukunft", der "die vollständige Polonisierung" verhindert. Nach ihrer Überzeugung ist der "Aufenthalt der Ukrainer in dem Gebiet, in das sie vertrieben wurden, ein historischer aber bis heute wirkender Assimilierungsfaktor. Um dem entgegenzuwirken, müsse "in den historischen und ethnischen Gebieten, aus denen sie 1947 vertrieben wurden, ein möglichst intensives nationales Leben neu aufgebaut werden".

Im Dezember letzten Jahres wurde auf Initiative des Hauptrates eine Informations- und Verlegergruppe gebildet, die unter anderem mit der Aufgabe betraut worden ist, eine vollständige Version des Programms vorzubereiten. Geleitet wird die Gruppe von Bohdan Huk, einem Journalisten der Zeitschrift "Nasze Slowo" aus Przemysl.

Miron Kertyczak, der Vorsitzende des Hauptrates des Verbandes der Ukrainer in Polen, bestätigt, dass das Programm für die Wahrung der nationalen Identität der in Polen lebenden Ukrainer eine außerordentliche Rolle spielt. Eine massenhafte Rückkehr von Ukrainern aus dem Westen und Norden Polens in die Gebiete im Südosten erwartet er aber nicht.

"Unsere Aktion ist auf viele Jahre angelegt: Wenn sich dadurch auch nur zehn Prozent der Ukrainer, die heute im Norden und Westen Polens leben, zu einer Rückkehr entscheiden sollten, wäre dies ein großes Erfolg für uns", sagt Miron Kertyczak und fügt hinzu: "Eine unabhängige Ukraine ist nur ein abstrakter Begriff für diejenigen, die in den nördlichen und westlichen Woiwodschaften leben, weil ihre Möglichkeiten, in den Kontakt mit unserer großen Heimat zu treten, sehr begrenzt sind." Kertyczak geht davon aus, dass sie etwa 80 Prozent der Ukrainer ausmachen, die in Polen leben. Die Zahl der ukrainischen Minderheit in Polen wird von den Aktivisten des Verbandes auf etwa 300 000 Personen geschätzt. Manche halten diese Zahl allerdings für zu hoch.

Vorgestellt werden soll das Programm "Powernennja" während der diesjährigen Feierlichkeiten anlässlich des 55. Jahrestages der Aktion "Wisla" ("Weichsel", Zwangsumsiedlung der Ukrainer aus den südöstlichen Gebieten in den Norden und Westen Polens), insbesondere aber während des Treffens ukrainischer Jugend am 26. April in der Stadt Przemysl.

Das Programm "Powernennja" sieht einerseits Bildungs- und kulturelle Maßnahmen vor, die innerhalb der ukrainischen Jugend eine emotionelle Bindung an die "ukrainischen Gebiete" wecken sollen, andererseits jedoch auch eine konkrete Hilfe bei der Übersiedlung in die südostpolnischen Gebiete. In Przemysl soll ein Beratungs- und Informationszentrum entstehen. Dort wird man sich über ukrainische Veranstaltungen informieren können, das Zentrum wird aber auch mit Informationen und Rat zur Seite stehen bei Fragen wie Erwerb von Grund und Boden oder Arbeitsplatzbeschaffung. Vorgesehen ist die Gründung eines Fonds, der die Ukrainer finanziell unterstützen soll, die in ihre heimatlichen Gebiete zurückkehren.

"Geistige Heimat der Ukrainer in Polen" - so bezeichnete der Vorsitzende der Niederlassung des Verbandes der in Polen lebenden Ukrainer in Przemysl, Jaroslaw Sidor, die Stadt Przemysl während eines Treffens der Informations- und Verleger Gruppe". (...)

In einem Beitrag von Tadeusz Karabowicz ("Nasze Slowo", Ausgabe vom 24. März) ist zu lesen, dass die Stadt Przemysl für die Mitglieder dieser Gruppe als "ukrainisches Piemont in Polen" erscheine. Genau hier sollten sich die Pioniere der Rückkehridee niederlassen.

Während dieses Treffens kündigte der Vertreter der Metropolie des griechisch - ukrainischen Glaubens, Pater Bohdan Stepan, im Namen der griechisch-katholischen Kirche eine großangelegte Unterstützung für die Umsiedlungsaktion "Powernennja" an. Er räumte gleichzeitig ein, dass sich "am Fluss San die Wurzeln des Glaubens aller in den Westen Polens deportierten Ukrainer befinden".

DZIENNIK POLSKI, 18.4.2002, poln.

Dem Ministerium für Inneres und Verwaltung ist über die Vorhaben des Verbandes der Ukrainer in Polen nichts bekannt. Slawomir Gola, der Leiter der Presseabteilung des Ministeriums, sieht für die Umsiedlung polnischer Bürger ukrainischer Abstammung, die gegenwärtig im westlichen und nördlichen Tei Polens leben, in die östlichen Gebiete des Landes keine Hindernisse, wenn sie dies wirklich wollen. Das Recht auf Wohnortswechsel hat jeder Pole. Unser Land kann sich aber zur Zeit mit Sicherheit keine finanzielle Unterstützung für die Polen ukrainischer Abstammung leisten, die sich in Przemysl oder in seiner Umgebung niederlassen möchten. (Sta)