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Ulla Schmidt soll bleiben - und ihre Politik nachbessern

31. Juli 2009
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Foto: dpa
Bild: picture-alliance/ dpa

Sollte man sich nicht eher über die Politik der Ulla Schmidt aufregen, als über eine politisch ungeschickte, aber rechtlich einwandfreie Handhabung dieser vergleichsweise kleinen Affäre? Nahezu zeitgleich nämlich stellt sich heraus, dass die umstrittene Ärzte-Honorarreform der Gesundheitsministerin ganz andere Ergebnisse bringt, als von allen Beteiligten erwartet: Statt des drohenden Bankrotts deutscher Mediziner, gegen den diese schon vorsorglich mit Praxisschließungen protestierten, genießen die meisten von ihnen nun einen warmen Honorarregen. Im Schnitt acht Prozent mehr Geld - und das in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise. Und noch dazu ganz unverhofft.

Man fragt sich, wie im Bundesgesundheitsministerium Reformen ausgearbeitet werden. Hätte man den Honorarzuwachs bekannt gegeben, hätte es keine Ärzteproteste gegeben. Dafür aber wahrscheinlich Proteste anderer Akteure im Gesundheitssystem, die sich übervorteilt fühlen. Denn dieses Gesundheitssystem ist auch nach acht Jahren Ulla Schmidt immer noch so überteuert, bürokratisch und undurchsichtig wie vor all den Reformen all ihrer Vorgänger. Anstatt wegen ihres Dienstwagens zurückzutreten, könnte Frau Schmidt hier ein wenig nachbessern.

Aber über die Arbeit der Ministerin und ihrer Kollegen auf der Kabinettsbank spricht man wenig. Nicht einmal jetzt. Zwei Monate vor der Bundestagswahl diskutiert Deutschland lieber über einen dummen Dienstwagen-Klau, anstatt die unterschiedlichen Positionen der Parteien auseinander zu nehmen, die über die Zukunft des Landes entscheiden. Aber worüber soll man auch diskutieren? Über die nicht vorhandenen Unterschiede zwischen den großen Parteien? Über ein farbloses SPD-Wahlkampfteam, das so lautlos vorgestellt wurde, dass fast niemand es mitbekam? Oder über die CDU, die hofft, durch Stillhalten einfach in die nächste Legislaturperiode hinübergeschaukelt zu werden? Dabei wäre es viel spannender - und wichtiger - , über das Gesundheitssystem, Milliarden-Finanzspritzen für die Banken, die Bildungsmisere oder andere politische Sachfragen zu diskutieren als über eine kleine Dienstwagen-Affäre.

Autorin: Daphne Grathwohl

Redaktion: Ranty Islam