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Umfrage: Frankfurt als Brexit-Gewinner

7. April 2016

Würde Großbritannien aus der EU austreten, gefährdet das einer Umfrage zufolge Londons Rolle als weltweit führender Devisen-Handelsplatz. Großer Gewinner wäre demnach der Finanzplatz Frankfurt.

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Börse Frankfurt Foto: REUTERS/Kai Pfaffenbach
Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Die britische PR-Beratungsfirma Chatsworth Communications hat 12.000 Mitglieder der global tätigen Finanzvereinigung ACI gefragt, wie sie einen möglichen Brexit bewerten. Zwei Drittel der Befragten gab an, dass ein Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union die Position Londons als weltweit größter Devisen-Handelsplatz negativ beeinträchtigen würde. Mehr als 40 Prozent des weltweiten Währungshandels findet hier statt.

Der Umfrage zufolge würden vor allem Frankfurt, aber auch Paris, New York und Dublin von einem Brexit profitieren: 71 Prozent der Befragten gaben an, dass der Finanzmarkt Frankfurt dadurch aufgewertet würde.

80 Prozent der Befragten sprachen sich gegen einen Austritt aus der EU aus.

Kritik an Londons Bürgermeister

Die City of London sieht das ähnlich und geht auf Konfrontation zu Bürgermeister Boris Johnson. Durch seine führende Rolle bei der Kampagne der Brexit-Befürworter sende Johnson "unwillkommene und schädliche" Signale an Investoren, sagte Jeffrey Evans, der der City of London, also dem historischen und wirtschaftlichen Zentrum der Stadt, formell als Bürgermeister vorsteht. Der Distrikt hatte bereits im März erklärt, sich für einen Verbleib des Landes in der Europäischen Union einzusetzen. Evans bezeichnete die Position Johnsons als "enttäuschend". Ein Austritt aus der EU wäre für den Finanzplatz London ein Schritt rückwärts.

Johnson hatte sich im Februar überraschend auf die Seite der EU-Gegner geschlagen. Viele Beobachter gehen davon aus, dass sich Johnson dadurch höhere Chancen ausmalt, seinen Tory-Parteifreund David Cameron als Premierminister zu beerben.

Brexit-Befürworter wie Johnson sehen keine Gefahr für den Finanzplatz London. Auch bei der Einführung des Euro habe es geheißen, dass der Devisenhandel nach Frankfurt abwandern werde, betont Nigel Farage, Chef der euroskeptischen britischen Partei Ukip. "Es war damals falsch und ist heute falsch. London ist ein globales Finanzzentrum."

Die EU lässt nicht alles mit sich machen

Soeren Moerch, Chef des Anleihehandels der Danske Bank, hält diese Einschätzung für zu optimistisch. Die großen US-Banken würden wohl ihre Europa-Zentralen in London belassen. "Aber die EU kann eine Menge Druck ausüben und die Regeln so kompliziert machen, dass es für die kontinentaleuropäischen Banken sinnvoller ist, den Handel nach Paris oder Frankfurt zu verlagern."

Boris Johnson vor einem Banner, dass sich für den Austritt aus der EU ausspricht Foto: Reuters/P. Nicholls
Boris Johnson macht sich für einen Austritt aus der EU starkBild: Reuters/P. Nicholls

Christian Noyer, ehemaliger Vize der Europäischen Zentralbank (EZB), betont denn auch: "Bei einem Austritt Großbritanniens aus der EU können die Behörden der Euro-Zone nicht länger tolerieren, dass ein großer Anteil von Finanztransaktionen im Ausland abgewickelt wird." Für die Mitglieder der Euro-Zone sei es bereits jetzt schwer zu akzeptieren, dass ihre Währung zum Großteil außerhalb der Währungsgemeinschaft und damit außerhalb der Kontrolle der EZB gehandelt wird, schreibt der frühere französische Notenbankchef in einem Beitrag für die Denkfabrik OMFIF.

Am 23. Juni stimmen die Briten in einem Referendum über den Verbleib in der EU ab. Derzeit liegen die EU-Befürworter Wählerbefragungen zufolge knapp vor den EU-Gegnern. Das Referendum sorgt innerhalb der EU für erhebliche Unruhe, denn ein Brexit würde die Union wirtschaftlich und politisch schwächen.

hmf/zdh (rtr, dpa, bloomberg)