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Angst vor Islamisierung

Daniel Scheschkewitz10. September 2007

Eine schiitische Gemeinde in Frankfurt möchte aus einem Hinterhaus in eine prominent platzierte Moschee ziehen. Doch diese muss erst noch gebaut werden.

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Mehrere Gläubige knien auf grünen Gebetsteppichen in einem farblich auffällig, sonst eher schlicht geschmücktem Raum.
Gläubige der Hazrat- Fatima-Gemeinde beim GebetBild: DW/Scheschkewitz

Ein zweigeschossiges Hinterhof-Gebäude in Frankfurt am Main. In dem unscheinbaren Gebäude, bei dem äußerlich nichts an eine Moschee erinnert, haben sich rund 30 moslemische Gläubige zum Freitagsgebet versammelt. Der Imam spricht türkisch. Die Gemeinde "Hazrat Fatima" und "Pak Haidry" - ein Zusammenschluss schiitischer Moslems türkischer und pakistanischer Herkunft - ist hier Mieter. Seit Jahren träumt man von einer eigenen Moschee.

Ein Modell der geplanten Moschee, weiß mit blauen Dächern. Quelle: Hazrat Fatima e.V.
So sehen die Pläne für die Moschee in Hausen ausBild: Hazrat Fatima e.V.

"Wir wollen in schönen, würdigen Räumen unser Gebet verrichten – so wie es Christen gerne auch in schönen Kirchen tun", beschreibt Ünal Kaymakci, Generalsekretär der Gemeinde. Darüberhinaus wolle die Gemeinde ein Zentrum errichten, in dem Jugendveranstaltungen, Vorträge, Podiumsdiskussionen und Feste stattfinden können. Auch ein offenes Bistro ist geplant.

Die dritte Moschee in Hausen

Das Geld für das Grundstück, das angrenzende Wohnhaus und die modern gestaltete Moschee mit zwei 16 Meter hohen Minaretten und einem blauen Kuppeldach hat die Gemeinde zu zehn Prozent selber aufgebracht. Der Rest der drei Millionen Euro Bausumme soll über den Kredit eines deutschen Bankinstituts finanziert werden. Wenn der Gebäudekomplex, für den es noch keine Baugenehmigung gibt, in zwei Jahren fertiggestellt ist, sollen bis zu 300 Gläubige in der Moschee Platz finden.

Ein eckiges beige-grünes Gebäude, mit gedrehten Säulen am auffälligen Eingang.
Die sunnitische Abu-Bakr- Moschee in FrankfurtBild: DW/Scheschkewitz

In Frankfurt leben 70.000 Muslime in 35 Moschee-Gemeinden. Im Stadtteil Hausen, wo der Hazrat-Fatima-Verein an einem Industriehof in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer koptischen Kirche die Moschee bauen will, gibt es mit der Abu-Bakr-Moschee bereits eine sunnitische Moschee und ein iranisches Kulturzentrum. Unter den 6000 Einwohnern des Stadtteils stößt der dritte Moschee-Bau auf gemischte Gefühle. Für die einen ist die Moschee als Religionszeichen ein normaler Teil der kulturellen Offenheit, andere haben Angst vor den Inhalten, die dort verbreitet werden könnten und vor einer Islamisierung.

Die Diskussion ist immer die gleiche

Inzwischen hat sich eine Bürgerinitiative gegen die geplante Moschee gebildet. Ralf Sommerlad, einer ihrer Sprecher, betont, dass es nicht darum ginge, in einem Land mit Religionsfreiheit Moscheen grundsätzlich zu verhindern. "Es geht einfach um die Örtlichkeit." Hausen, als dörflicher Stadtteil, mit kleinen Gassen und wenigen Läden, habe einen hohen Anteil älterer Menschen. "Außerdem ist Hausen schon mit zwei Moscheen bedacht worden. Das ist zu viel für diesen Stadtteil."

Der aus Westafrika stammende Integrationsbeauftragte der Stadt Frankfurt, Jean Claude Diallo, glaubt, der Zwist um die Moscheen entstehe immer dann, wenn es um einen öffentlichen Platz gehe - auch in anderen deutschen Großstädten. "Die Moscheen, die es bis jetzt gibt, sind in Hinterhöfen. Da lebt man außerhalb. Wenn die Vereine sich entscheiden rauszugehen, um sichtbar und greifbar zu werden – das entsteht das Problem." Das sei auch in Frankfurt-Rödelheim, wo keine Moschee entstand, und bei der Abu-Bakr- Moschee so gewesen.

Zumal die Bauherren mit der neuen Moschee, die nahe der Ausfahrt zur Autobahn A66 errichtet werden soll, auch nach außen hin ein sichtbares Zeichen gleich einem Eingangsportal in die Weltstadt Frankfurt setzen wollen. Ünal Kaymakci meint, die Moscheen gehörten als Zeichen der Öffnung der Muslime und der Transparenz ins Stadtbild. "Wir sind Teil der deutschen Gesellschaft und das wollen wir auch architektonisch untermauern."

Sondersitzung im Stadtteilparlament

Im Frankfurter Stadtparlament regiert die CDU mit Unterstützung der Grünen und manchmal auch der FDP. Das Für und Wider zum geplanten Moscheenbau geht quer durch die Fraktionen, wobei man sich einig ist, dass sie wie jedes andere Gebäude die baurechtlichen Auflagen erfüllen muss. Davon allein hänge die Genehmigung ab.

In dem Stadtteilparlament, zu dem Hausen gehört, will man sich am 12. September auf einer Sondersitzung mit dem heiklen Thema beschäftigen. CDU-Ortsvorsteher Christian Wernet hat eine Unterschriftenliste zugeschickt bekommen. "Da waren 180 Unterschriften drauf. Leute die Überfremdungsängste artikuliert haben und mich bitten, sich sehr kritisch mit diesem Projekt auseinander zu setzen", fasst er zusammen.

Ein unauffälliges, helles Gebäude mit einer Außentreppe zum ersten Stock.
Ein unauffälliges Gebäude: die alte Moschee der Hazrat-GemeindeBild: DW/Scheschkewitz

Rolf Würz, Kommunalpolitiker bei der FDP, glaubt, dass die Frage, wie viel Raum wir dem Islam in deutschen Städten einräumen, grundsätzlich diskutiert werden muss. "Und wenn es die demokratischen Parteien nicht tun, dann überlassen wir es den Kräften, die nur mit Pauschalisierungen arbeiten, entweder weil sie irgendwelchen Multi-Kulti-Fantasien nachhängen oder weil alles Fremde sowieso gleich schlecht sein muss.“

Diskussion ohne Fortschritt

Der Verein Hazrat Fatima ist auf die Gegner zugegangen, indem er sie und interessierte Bürger ebenso wie die Medien zu einer Informationsveranstaltung eingeladen hat. Doch der Gesprächsfaden scheint zerrissen noch ehe er richtig geknüpft werden konnte. Horst Weißbarth von der örtlichen Bürgerinitiative führte die Diskussion, ohne auf die Pläne einzugehen, wieder auf den Punkt zurück, an dem man angefangen hat: "Wir wollen keine Islamisierung in Hausen. Es ist egal, was Sie da sagen, es bringt uns nicht weiter.“

Der Streit um die neue Moschee wird Frankfurt noch eine Weile beschäftigen. Der Integrationsbeauftragte Diallo glaubt, dass der Konflikt in Hausen dem Ruf der Main-Metropole als weltoffene Stadt keinen Abbruch tut: "Weltkulturstadt heißt nicht, dass es harmonisch verläuft. Denn gerade, weil Menschen verschiedener Nationen, Religionen und Herkunft hier leben, müssen Konflikte entstehen - damit man sie lösen und nach vorne blicken kann."