1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Umstrittener Dreiklang

Jens Thurau16. Juli 2003

Das Vorziehen der Steuerreform soll überwiegend durch neue Schulden finanziert werden. Der Bund nähme 2004 damit fast 29 Milliarden Euro neue Schulden auf - das Defizitkriterium der EU soll trotzdem eingehalten werden.

https://p.dw.com/p/3rkx
Einig in schwieriger Zeit: der Kanzler und sein FinanzministerBild: AP

Weitgehend über neue Schulden will die rot-grüne Regierung die Einnahmeausfälle finanzieren, die ihr durch das Vorziehen der Steuerreform von 2005 auf 2004 ins Haus stehen. Rund sieben Milliarden Euro beträgt der Einnahmeausfall, wenn Bürger und Mittelstand steuerlich früher entlastet werden. Knapp unter fünf Milliarden Euro davon will Bundesfinanzminister Hans Eichel an neuen Schulden aufnehmen. Damit steigt die Gesamtverschuldung des Bundes für 2004 auf rund 29 Milliarden Euro - und Deutschland droht auch 2004 den EU-Stabilitätspakt zu brechen.

Gemeinsam mit Eichel stellte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Mittwoch (16.7.2003) in Berlin die Zahlen vor. Mit der früheren Steuererleichterung will Schröder die lahmende Wirtschaft stimulieren und den Konsum ankurbeln. 2005 wäre diese Steuerreform ohne das Vorziehen ohnehin gekommen: "Es geht also um dieses eine Jahr und für den Bundeshaushalt um einen Betrag von etwas mehr als sieben Milliarden Euro", so der Bundeskanzler.

Kürzung der Subventionen

Zwei Milliarden davon sollen Privatisierungserlöse einbringen: Wahrscheinlich werden dafür Aktien der Telekom und der Post bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau geparkt und nach und nach auf den Markt gebracht. Subventionskürzungen in der Baubranche und der Landwirtschaft sollen rund 700 Millionen Euro einbringen. Generell will Eichel Subventionen des Bundes in den nächsten drei Jahren - beginnend 2004 - jeweils um fünf Prozent verringern. Das bringt pro Jahr rund 300 Millionen Euro.

Der Dreiklang aus Schulden, Erlösen und Subventionskürzungen funktioniere aber nur bei besserer Stimmung, so Eichel: "Entscheidend am Schluss ist: Gibt es Zukunftsvertrauen? Ändert sich an der Stimmungslage etwas? Wenn das nicht geschieht, dann ändert sich auch durch das Vorziehen der Steuerreform nichts." Seine Pläne hätten in Brüssel großen Anklang bei seinen Finanzminister-Kollegen gefunden, sagte Eichel.

"Bares Geld"

Der Subventionsabbau hätte ruhig etwas höher ausfallen können, monierte dagegen die grüne Finanzexpertin Christine Scheel. Aber auch Subventionen seien bares Geld in den Kassen der Bürger, stellte hingegen Schröder klar: "Wenn die Wirkung eintreten soll - nämlich die Konjunktur zu stimulieren - dann kann man ja nicht hergehen und sagen: Im gleichen Jahr, in dem wir das Geld in den Kreislauf geben, nehmen wir es an anderer Stelle wieder heraus."

Enttäuschend und ungenügend

Angela Merkel und Edmund Stoiber
Kein Applaus: Angela Merkel und Edmund StoiberBild: AP

Dem Vorziehen der Steuerreform muss die Union im Bundesrat zustimmen - und die äußerte sich kritisch. "Ungenügend!", lautete der Kommentar von CSU-Chef Edmund Stoiber. Auch CDU-Chefin Angela Merkel war enttäuscht: "Es ist einfach die Flucht in neue Schulden. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, dann könnte man sagen: Hans Eichel und Gerhard Schröder haben die Menschen heute auf den Arm genommen. Die Vorlage war enttäuschend, sie muss nachgebessert werden." Nachsitzen trotz Ferien sei die Botschaft des heutigen Tages. Auch FDP-Chef Guido Westwelle lehnt die hohen neuen Schulden ab.

Ob die Steuerreform also wie geplant umgesetzt werden kann, steht in den Sternen. Ein erster Schritt steht am 13. August 2003 an. Dann sollen die Pläne von Eichel und Schröder vom Kabinett verabschiedet werden.