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Umstrittener Pegida-Aufmarsch in Dresden

9. November 2015

Gegen die fremdenfeindliche Pegida-Demo am Jahrestag der Pogromnacht gab es massiven Widerstand. Eine Petition unterzeichneten 85.000 Menschen. Doch die Stadtverwaltung blieb stur.

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Plakat mit "No Pegida"-Graffiti in Dresden (Foto: imago)
Bild: imago/Eibner

Eine Kundgebung am 77. Jahrestag der Pogromnacht in Dresden - an diesem geschichtsträchtigen Ort - haben viele für mehr als nur problematisch gehalten. Sie forderten ein Verbot der Demonstration auf dem zentralen Theaterplatz oder zumindest eine Verlegung an den Rand der Stadt. Die "Initiative weltoffenes Dresden", ein Zusammenschluss von Kulturinstitutionen, konnte nicht nachvollziehen, dass die Stadtverwaltung die Kundgebung zuließ. "Die Pogromnächte gehören zu den dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte", hieß es in einer in der "Sächsischen Zeitung" veröffentlichten Anzeige.

"Traurig und beschämt"

Weiter schrieben die Initiatoren: "Wir sind traurig und zutiefst beschämt darüber, dass am 9. November in unserer Stadt der Verachtung und Beleidigung mehr Raum gegeben wird als der Erinnerung und Mahnung." Der Umgang Dresdens mit diesem Tag sei "verantwortungslos und geschichtsvergessen". Der "Initiative weltoffenes Dresden" gehören unter anderem die Semperoper, das Militärhistorische Museum und das Staatsschauspiel Dresden an.

Screenshot Change.org Petition gegen Pegida (Foto: Never Reverse)
Bild: change.org

"Kulisse für Menschenverachtung und Rassismus"

Eine auf der Online-Plattform change.org veröffentlichte Petition, die ein Verbot der Kundgebung fordert, wurde von 85.000 Unterstützern unterzeichnet. Die Organisatoren, eine Initiative aus Hamburg mit dem Namen "Weil es 2015 ist", verwiesen darauf, dass der Theaterplatz während des Nationalsozialismus "Schauplatz großer Aufmärsche und Kundgebungen des Naziregimes" gewesen sei. Er dürfe am Jahrestag der Novemberpogrome nicht wieder "die Kulisse für Menschenverachtung und Rassismus werden", hieß es in der an Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) gerichteten Petition.

Druck auf die Dresdner Behörden kam auch aus der Landesregierung. Ministerpräsident Stanislaw Tillich erklärte, ein gewisses Fingerspitzengefühl sei angebracht.

Mit Unverständnis und Kritik reagierte das Internationale Auschwitz-Komitee. "Der 9. November ist in Deutschland ein Tag des Schmerzes, der Mahnung, der Erinnerung", erinnerte Christoph Heubner, Vize-Exekutivpräsident der von Holocaust-Überlebenden gegründeten Organisation. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 waren die Nationalsozialisten zur offenen Gewalt gegen Juden übergegangen. In Deutschland und Österreich brannten Synagogen, jüdische Geschäfte sowie Wohnungen wurden verwüstet, jüdische Bürger ermordet oder misshandelt.

Oberbürgermeister Hilbert (Archivfoto: dpa)
Dresdens Oberbürgermeister Hilbert kann oder will Pegida nicht absagen (Archivfoto)Bild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert

Keine rechtliche Handhabe?

Dresdens Oberbürgermeister Hilbert machte nochmals deutlich, er sehe keine rechtliche Handhabe für ein Verbot oder eine Verlegung der Pegida-Kundgebung. Das sächsische Versammlungsgesetz benenne diesen Tag weder als besonders schützenswert, noch träfen andere Sachverhalte zu, die ein Verbot rechtfertigen würden, meinte Hilbert.

Am Abend zogen dann 6000 Pegida-Anhänger durch Dresden. Pegida-Gründer Lutz Bachmann hatte die Teilnehmer unter Verweis auf den Jahrestag der Reichspogromnacht aufgefordert, schweigend zu marschieren. Dem Bündnis "Herz statt Hetze", das zu Gegenprotesten aufgerufen hatte, folgten etwa 5000 Menschen.

Auch in München zogen Pegida-Anhänger an diesem symbolträchtigen Abend durch die Innenstadt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte zuvor eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom Vormittag bestätigt. Knapp 3000 Menschen demonstrierten in der bayerischen Landeshauptstadt gegen den Aufmarsch.

se/cr (dpa, epd, afp)