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Kirche auf dem Handy

13. Oktober 2009

Ein polnischer Geistlicher hat ein eigenes Handynetz mit dem Namen "In der Familie" aufgebaut. Mit seinem Medienimperium um Radio Maryja gehört Pater Rydzyk seit Jahren zu den einflussreichsten Personen Polens.

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Das 'fromme' Handy (Foto: DW/Justyna Bronska)
Das "fromme" HandyBild: DW

"Hier ist Radio Maryja, die katholische Stimme in deinem Haus. Gelobt seien Jesus Christus und die Jungfrau Maria." Mit diesen Worten wendet sich Radio Maryja an seine Hörer. Der nationalkonservative Privatsender, der in ganz Polen empfangen werden kann, gerät immer wieder in die öffentliche Kritik: Er sei euroskeptisch, antisemitisch und verbreite eine fremdenfeindliche Stimmung in Polen, wie Medien berichten. "Seine Hörer stammen aus erzkatholischem Milieu, die meisten sind über 60 Jahre alt, mit einfacher Ausbildung und eher unterdurchschnittlichem Einkommen", erklärt Marek Magierowski. Er ist Journalist bei der größten polnischen Tageszeigung "Rzeczpospolita".

Eine Stütze für polnische Gläubige

Finanziert wird der Privatsender durch Spenden von Millionen Gläubigen. Das Programm von Radio Maryja besteht hauptsächlich aus religiösen Sendungen, Messen, Gebeten, Kirchenlieder, auch Bibeltexte werden vorgelesen. "Seine Hörer haben keine materielle Ablenkung", sagt Magierowski. Ihr Leben sei grau und trist. "Sie beten vor dem Radio," so der Journalist, der seit Jahren die Entwicklung von Radio Maryja beobachtet. Der Sender gebe ihnen ein Stückchen Hoffnung, "es ist wirklich eine große Stütze für sie, das darf man nicht unterschätzen," betont er.

So wirbt der Sender für das Telefon (Foto: DW/Justyna Bronska)
So wirbt der Sender für das TelefonBild: DW

Vor knapp 20 Jahren gründete Pater Rydzyk den religiösen Sender Radio Maryja. Danach hat er sein Geschäftsfeld sukzessive ausgebaut: Zu seinem Imperium gehören der Fernsehsender "Trwam", was übersetzt "Ich bleibe standhaft" bedeutet, die katholisch-nationalistische Tageszeitung "Nasz Dziennik", zu Deutsch "Unsere Tageszeitung" und ein weit verzweigtes Netz von Stiftungen und Lehreinrichtungen.

Handys für Rentner

CenterNet Manager Grzegorz Tomczyk (Foto: DW/Justyna Bronska)
CenterNet-Manager Grzegorz TomczykBild: DW

Der umstrittene Geistliche hat nun zum wiederholten Male seinen Geschäftssinn bewiesen. Seine neue Idee ist der Mobilfunk. Sein Mobilfunknetz heißt "wRodzinie", zu Deutsch "in der Familie". Handys für Rentner: Eine Idee, die Erfolg und satte Gewinne verspricht, davon ist der polnische Mobilfunknetzbetreiber CenterNet überzeugt: "Damit schließen wir eine Marktlücke", sagt Manager Grzegorz Tomczyk.

Die Hörer von Radio Maryja, an die sich das Handyangebot richte, sei eine besonders interessante Zielgruppe. "Die meisten von ihnen hatten bis jetzt kein Mobiltelefon", betont Tomczyk. Das Unternehmen rechnet mit gut vier Millionen potentiellen Kunden.

Kein Schnickschnack fürs Handy

Plakat in blau und gelb, die traditionellen Farben der Kirche (Foto: DW/Justyna Bronska)
Plakate in blau und gelb, die traditionellen Farben der KircheBild: DW

Das Handy-Angebot ist auf die Anhängerschaft von Pater Rydzyk abgestimmt. Nach dem Einschalten leuchtet das Display des Telefons blau und gelb - die traditionellen Symbolfarben der katholischen Kirche. Ein besonders großes Display zeigt sehr große Zahlen und auch die Tasten sind extra groß. Keine Multimedia-Spielereien, keine integrierte Kamera, kein Schnickschnack: "Die Handys sind eben sehr einfach zu handhaben, der Benutzer braucht nicht einmal eine Brille aufzusetzen", erklärt Tomczyk.

Sichtlich zufrieden stellt er zudem fest: "Diese Handys verkaufen sich bislang sehr gut und gehen weg wie warme Semmeln." Warum die Handys dem Anbieter förmlich aus den Fingern gerissen werden, hat noch einen anderen Grund: "Ich weiß, wer dahinter steckt: ein reinpolnisches Unternehmen. Das ist doch unsere Pflicht, polnische Produkte zu kaufen. Ich vertraue Pater Rydzyk, er hat mich nie enttäuscht", erklärt ein Hörer von Radio Maryja."

Der Sender ist in Polen umstritten

Marek Magierowksi von der Tageszeitung Rezczpospolita (Foto: DW/Justyna Bronska)
Marek Magierowksi von der Tageszeitung "Rezczpospolita"Bild: DW

"Radio Maryja hat zwei Gesichter", sagt Magierowski. Das Radioprogramm bestehe zwar hauptsächlich aus religiösen Sendungen, diese würden aber mit politischen Inhalten ergänzt: "Radio Maryja ist ein populistischer und ein euroskeptischer Sender. Das Radio spielt mit den Emotionen der Hörer", erklärt Magierowski. Der Sender setze sich unter anderem gegen den Ausverkauf des polnischen Vermögens an ausländische Investoren ein.

Magierwoski meint: "Mit Aussagen des Radiosenders wie: 'Das deutsche Kapital ist eine Gefahr, nicht nur für die polnische Wirtschaft, sondern auch für die nationale Identität' weckt der Sender beim Hörer Ängste." Sein Resümee: "Das Imperium vom Pater Rydzyk hat ohne Zweifel einen politischen Charakter".

Radio Maryja wollte sich bisher nicht selbst zu diesem Thema äußern.

Autor: Justyna Bronska
Redaktion: Heidi Engels