1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Umstrittener Wahl-Werbespot im russischen TV

10. November 2005

Der Sender TWZ strahlt seit kurzem einen Werbespot der Partei Rodina für die Moskauer Duma-Wahl aus. Zahlreiche Politiker und Experten meinen, der Spot schüre interethnischen Zwist. Die Partei weist alle Vorwürfe zurück.

https://p.dw.com/p/7RAu
Abgeordnete in der Staatsduma warnen vor FolgenBild: AP

Im Wahlkampf-Spot der Partei Rodina (Heimat) für die Wahlen zur Moskauer Stadt-Duma wendet sich der Parteivorsitzende und Führer der Rodina-Fraktion in der Moskauer Stadt-Duma, Dmitrij Rogosin, gemeinsam mit dem Abgeordnetenkandidaten, General Jurij Popow, an Menschen nicht slawischer Abstammung mit der Aufforderung, weggeworfene Schalen von Wassermelonen wieder aufzusammeln. Dabei sagt eine Stimme im Hintergrund: "Verstehst Du überhaupt Russisch?" Danach ruft Rogosin auf, die Stadt zu säubern, wonach auf dem Bildschirm folgende Worte erscheinen: "Lassen Sie uns unsere Stadt vom Schmutz befreien."

TV-Sender rechtfertigt sich

Der Spot wurde vom Fernsehsender TWZ vor dem Tag der Eintracht und Versöhnung, wie jetzt der 7. November und ehemalige Tag der Oktoberrevolution genannt wird, ausgestrahlt. TWZ sendet vor allem für den Großraum Moskau, weswegen die Auftraggeber des Spots sich diesen Sender ausgesucht haben. Die Leitung des Senders behauptet, sie habe sich an die Zentrale Wahlkommission der Stadt Moskau mit der Bitte gewandt, den Inhalt des Spots rechtlich zu prüfen. Dort seien aber keine fähigen Spezialisten gefunden worden, die in der Lage gewesen wären, festzustellen, ob der Spot Elemente enthalte, die interethnische Konflikte schürten. Die Sache sei deswegen nun der Moskauer Staatsanwaltschaft übergeben worden.

Skandal weitet sich aus

Der Diskussion um den Inhalt des Spots schließen sich immer mehr Abgeordnete der russischen Staatsduma an. Die Partei Einiges Russland verurteilte geschlossen den Rodina-Wahlspot. Die stellvertretende Vorsitzende der Staatsduma, Ljubow Sliska, machte Rogosin darauf aufmerksam, dass das Schüren interethnischen Streits strafbar sei. Zu Rogosins Kritikern gehört auch der Vorsitzende des Ausschusses für Kreditorganisationen und Finanzmarkt, Wladislaw Resnik. Er bezeichnete den Spot als gefährlich und erklärte: "Während wir mit Sorge Ereignisse in europäischen Städten verfolgen, strahlen wir Spots aus, die Konflikte in Moskauer Vorstädten schüren können." Der unabhängige Abgeordnete Wladimir Ryschkow ist der Ansicht, dass in Russland Nazismus praktisch legalisiert wird. Ihm stimmt Mark Urnow, Leiter der Stiftung Ekspertisa, zu. Rodina schüre Aggression und Nationalismus und nutze dabei staatliche Autorität aus. Dass der Spot nationalistischen Inhalts sei, sei auch ohne Gutachten klar, so Urnow.

Rogosin weist alle Vorwürfe von sich

Der Rodina-Vorsitzende erklärte, er sei ein erfahrender Politiker und außerdem seien bei der Ausstrahlung des Spots alle geltenden russischen Gesetze eingehalten worden. Er ist überzeugt, dass man mit dem Aufruhr nur der Konkurrenz bei den Wahlen schaden wolle, um einen realen Favoriten zu überholen. Rogosin sagte, mit dem Spot wolle man bei den Menschen Selbstachtung und Liebe zur Heimatstadt wecken, die sauber und frei sein müsse. Fremde müssten die Gesetze, die Ordnung und den Lebensstil der Russen achten.

Spot bleibt im Programm

Den umstrittenen Spot werden die Wahlberechtigten auch weiterhin zu sehen bekommen. Der Leitung von TWZ zufolge kann der Spot ohne das Gutachten einer Expertenkommission von niemandem eigenmächtig aus dem Programm des Senders genommen werden.

Jekaterina Abramowa, Moskau
DW-RADIO/Russisch, 8.11.2005, Fokus Ost-Südost